Da rief der Markgraf Iring · aus der Dänen Land:
„Ich habe nun auf Ehre · die Sinne lang gewandt;
Auch iſt von mir das Beſte · in Stürmen oft geſchehn:
Nun bringt mir mein Gewaffen: · ſo will ich Hagen beſtehn.“
„Das möcht ich widerrathen,“ · hub da Hagen an,
„Sonſt finden mehr zu klagen · Die Etzeln unterthan.
Springen eurer zweie · oder drei in den Saal,
Die ſend ich wohlverhauen · die Stiege wieder zu Thal.“
„Ich wills darum nicht laßen,“ · ſprach wieder Iring:
„Wohl ſchon oft verſucht ich · ein gleich gefährlich Ding.
Wohl will ich mit dem Schwerte · allein dich beſtehn,
Und wär von dir im Streite · mehr als von Jemand geſchehn.“
Da ward gewaffnet Iring · nach ritterlichem Brauch
Und Irnfried der kühne · von Thüringen auch
Und Hawart der ſtarke · wohl mit tauſend Mann:
Sie wollten Iring helfen, · was der Held auch begann.
Da ſah der Fiedelſpieler · ein gewaltig Heer,
Das mit Iringen · gewaffnet zog einher.
Sie trugen aufgebunden · die lichten Helme gut.
Da ward dem kühnen Volker · darüber zornig zu Muth.
„Seht ihr, Freund Hagen, · dort Iringen gehn,
Der euch im Kampf alleine · gelobte zu beſtehn?
Wie ziemt Helden Lüge? · Führwahr, ich tadl es ſehr.
Es gehn mit ihm gewaffnet · tauſend Recken oder mehr.“
„Nun ſtraft mich nicht Lügen,“ · ſprach Hawarts Unterthan,
„Ich will gerne leiſten, · was ich euch kund gethan.
Mein Wort ſoll um Feigheit · nicht gebrochen ſein:
Sei Hagen noch ſo gräulich, · ich beſteh ihn ganz allein.“
Zu Füßen warf ſich Iring · den Freunden und dem Lehn,
Daß ſie allein ihn ließen · den Recken beſtehn.
Das thaten ſie doch ungern, · ihnen war zu wohl bekannt
Der übermütige Hagen · aus der Burgunden Land.
Doch bat er ſie ſo lange, · bis es zuletzt geſchah.
Als das Ingeſinde · ſeinen Willen ſah,
Und daß er warb nach Ehre, · da ließen ſie ihn gehn.
Da ward von den Beiden · ein grimmes Streiten geſehn.
Iring der Däne · hielt hoch empor den Sper,
Sich deckte mit dem Schilde · der theure Degen hehr:
So lief er auf im Sturme · zu Hagen vor den Saal.
Da erhob ſich von den Degen · ein gewaltiger Schall.
Die Spere ſchößen beide · kräftig aus der Hand
Durch die feſten Schilde · auf ihr licht Gewand,
Daß die Sperſplitter · hoch in die Lüfte flogen.
Da griffen zu den Schwertern · die grimmen Degen verwegen.
Die Kraft des kühnen Hagen · war ohne Maßen voll;
Doch ſchlug nach ihm Iring, · daß all die Burg erſcholl.
Der Saal und die Thürme · erhallten von den Schlägen.
Es konnte ſeinen Willen · doch nicht vollführen der Degen.
Iring ließ Hagen · unverwundet ſtehn:
Auf den Fiedelſpieler · begann er loszugehn.
Er wähnt', er ſollt ihn zwingen · mit ſeinen grimmen Schlägen,
Doch wuſte ſich zu ſchirmen · dieſer zierliche Degen.
Da ſchlug der Fiedelſpieler, · daß von des Schildes Rand
Das Geſpänge wirbelte · von Volkers ſtarker Hand.
Den ließ er wieder ſtehen; · es war ein übler Mann:
Jetzt lief er auf Gunther, · den Burgundenkönig, an.
Da war nun Jedweder · zum Streite ſtark genug.
Wie Gunther auf Iring · und der auf Gunther ſchlug,
Das brachte nicht aus Wunden · das fließende Blut.
Ihre Rüſtung wehrt' es, · die war zu feſt und zu gut.
Gunthern ließ er ſtehen · und lief Gernoten an.
Das Feuer aus den Ringen · er ihm zu haun begann.
Da hätte von Burgunden · der ſtarke Gernot
Iring den kühnen · beinah geſandt in den Tod.
Da ſprang er von dem Fürſten; · ſchnell war er genug.
Der Burgunden viere · der Held behend erſchlug,
Des edeln' Heergeſindes · aus Worms an dem Rhein.
Darüber mochte Geiſelher · nicht wohl zorniger ſein.
„Gott weiß, Herr Iring,“ · ſprach Geiſelher das Kind,
„Ihr müßt mir entgelten, · die hier erlegen ſind
Vor euch in dieſer Stunde.“ · Da lief er ihn an
Und ſchlug den Danenhelden, · daß er zu ſtraucheln begann.
Er ſchoß vor ſeinen Händen · nieder in das Blut,
Daß ſie alle wähnten, · dieſer Degen gut
Schlug im Streit nicht wieder · einen Schlag mit ſeinem Schwert.
Doch lag vor Geiſelheren · Iring da noch unverſehrt.
Von des Helmes Schwirren · und von des Schwertes Klang
Waren ſeine Sinne · ſo betäubt und krank,
Daß ſich der kühne Degen · des Lebens nicht beſann.
Das hatt ihm mit den Kräften · der kühne Geiſelher gethan.
Als ihm aus dem Haupte · das Schwirren jetzt entwich,
Von dem mächtgen Schlage · war das erſt fürchterlich,
Da gedacht er: · „Ich lebe und bin auch nirgend wund:
Nun iſt mir erſt die Stärke · des kühnen Geiſelher kund!“
Zu beiden Seiten hört' er · ſeine Feinde ſtehn.
Sie hättens wißen ſollen, · ſo wär ihm mehr geſchehn.
Auch hatt er Geiſelheren · vernommen nahe bei:
Er ſann, wie mit dem Leben · den Feinden zu entkommen ſei.
Wie tobend der Degen · aus dem Blute ſprang!
Er mochte ſeiner Schnelle · wohl ſagen großen Dank.
Da lief er aus dem Hauſe, · wo er Hagen fand,
Und ſchlug ihm ſchnelle Schläge · mit ſeiner kraftreichen Hand.
Da gedachte Hagen: · „Du muſt des Todes ſein.
Befriede dich der Teufel, · ſonſt kannſt du nicht gedeihn.“
Doch traf Iring Hagnen · durch ſeines Helmes Hut.
Das that der Held mit Maske; · das war eine Waffe gut.
Als der grimme Hagen · die Wund an ſich empfand,
Da ſchwenkte ſich gewaltig · das Schwert in ſeiner Hand.
Es muſte vor ihm weichen · Hawarts Unterthan:
Hagen ihm die Stiege · hinab zu folgen begann.
Uebers Haupt den Schildrand · Iring der kühne ſchwang.
Und war dieſelbe Stiege · drei ſolcher Stiegen lang,
Derweil ließ ihn Hagen · nicht ſchlagen einen Schlag.
Hei, was rother Funken · da auf ſeinem Helme lag!
Doch kam zu den Freunden · Iring noch geſund.
Da wurde dieſe Märe · Kriemhilden kund,
Was er dem von Tronje · hatt im Streit gethan;
Dafür die Königstochter · ihm ſehr zu danken begann.
„Nun lohne Gott dir, Iring, · erlauchter Degen gut,
Du haſt mir wohl getröſtet · das Herz und auch den Muth:
Nun ſeh ich blutgeröthet · Hagens Wehrgewand!“
Kriemhild nahm ihm ſelber · den Schild vor Freud aus der Hand.
„Ihr mögt ihm mäßig danken,“ · begann da Hagen,
„Bis jetzt iſt viel Großes · nicht davon zu ſagen;
Verſucht' er es zum andern Mal, · er wär ein kühner Mann.
Die Wunde frommt euch wenig, · die ich noch von ihm gewann.
„Daß ihr von meiner Wunde · mir ſeht den Harniſch roth,
Das hat mich noch erbittert · zu manches Mannes Tod.
Nun bin ich erſt im Zorne · auf ihn und manchen Mann;
Mir hat der Degen Iring · noch kleinen Schaden gethan.“
Da ſtand dem Wind entgegen · Iring von Dänenland;
Er kühlte ſich im Harniſch, · den Helm er niederband.
Da prieſen ihn die Leute · für ſtreitbar und gut:
Darüber trug der Markgraf · nicht wenig hoch ſeinen Muth.
Da ſprach Iring wieder: · „Nun, Freunde, ſollt ihr gehn
Und neue Waffen holen: · ich will noch einmal ſehn,
Ob ich bezwingen möge · den übermüthgen Mann.“
Sein Schild war verhauen, · einen beßern er gewann.
Gewaffnet war der Recke · bald in noch feſtre Wehr.
Er griff in ſeinem Zorne · nach einem ſtarken Sper,
Damit wollt er Hagen · zum drittenmal beſtehn.
Es brächt ihm Ehr und Frommen, · ließ' er das ſich vergehn.
Da wollte ſein nicht harren · Hagen der Degen.
Mit Schüßen und mit Hieben · lief er ihm entgegen
Die Stiege bis zu Ende; · zornig war ſein Muth.
Da kam dem Degen Iring · ſeine Stärke nicht zu gut.
Sie ſchlugen durch die Schilde, · daß es zu lohn begann
Mit feuerrothem Winde. · Hawarts Unterthan
Ward von Hagens Schwerte · da gefährlich wund
Durch Helm und durch Schildrand; · er ward nicht wieder geſund.
Als Iring der Degen · der Wunde ſich beſann,
Den Schild rückte näher · dem Helm der kühne Mann.
Ihn dauchte voll der Schaden, · der ihm war geſchehn;
Bald that ihm aber größern · der in König Gunthers Lehn.
Hagen vor ſeinen Füßen · einen Wurfſpieß liegen fand:
Auf Iringen ſchoß er · den von Dänenland,
Daß man ihm aus dem Haupte · die Stange ragen ſah.
Ein grimmes Ende ward ihm · von dem Uebermüthgen da.
Iring muſt entweichen · zu ſeinen Dänen hin.
Eh man den Helm dem Degen · mochte niederziehn,
Brach man den Sper vom Haupte, · da naht' ihm der Tod.
Das beweinten ſeine Freunde: · es zwang ſie wahrhafte Noth.
Da kam die Königstochter · auch zu ihm heran:
Iring den ſtarken · hub ſie zu klagen an.
Sie beweinte ſeine Wunden: · es war ihr grimmig leid.
Da ſprach vor ſeinen Freunden · dieſer Recke kühn im Streit:
„Laßt eure Klage bleiben, · viel hehre Königin.
Was hilft euer Weinen? · Mein Leben muß dahin
Schwinden aus den Wunden, · die an mir offen ſtehn.
Der Tod will mich nicht länger · euch und Etzeln dienen ſehn.“
Zu Thüringern und Dänen · ſprach er hingewandt:
„Die Gaben, ſo die Königin · euch beut, ſoll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten, · ihr lichtes Gold ſo roth
Und beſteht ihr Hagen, · ſo müßt ihr ſchauen den Tod.“
Seine Farbe war erblichen, · des Todes Zeichen trug
Iring der kühne; · ihnen war es leid genug.
Es konnte nicht geſunden · der Held in Hawarts Lehn:
Da muſt es an ein Streiten · von den Dänenhelden gehn.
Irnfried und Hawart · ſprangen vor das Haus
Wohl mit tauſend Helden: · einen ungeſtümen Braus
Vernahm man allenthalben, · kräftig und groß.
Hei! was man ſcharfer Spere · auf die Burgunden ſchoß!
Irnfried der kühne · lief den Spielmann an,
Wodurch er großen Schaden · von ſeiner Hand gewann.
Der edle Fiedelſpieler · den Landgrafen ſchlug
Durch den Helm den feſten: · wohl war er grimmig genug.
Da ſchlug dem grimmen Spielmann · Irnfried einen Schlag,
Daß er den Ringpanzer · dem Helden zerbrach
Und ſich ſein Harniſch färbte · von Funken feuerroth.
Dennoch fiel der Landgraf · vor dem Spielmann in den Tod.
Zuſammen waren Hagen · und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder ſchauen, · wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen kräftig · den Helden an der Hand:
Da muſte Hawart ſterben · vor dem aus Burgundenland.
Die Thüringer und Dänen · ſahn ihre Herren todt.
Da hub ſich vor dem Hauſe · noch grimmere Noth,
Eh ſie die Thür gewannen · mit kraftreicher Hand.
Da ward noch verhauen · mancher Helm und Schildesrand.
„Weichet,“ ſprach da Volker, · „laßt ſie zum Saal herein:
Was ſie im Sinne haben, · kann dennoch nicht ſein.
Sie müßen bald erſterben · allzumal darin:
Sie ernten mit dem Tode, · was ihnen beut die Königin,“
Als die Uebermüthigen · drangen in den Saal,
Das Haupt ward da Manchem · ſo geneigt zu Thal,
Daß er erſterben muſte · vor ihren ſchnellen Schlägen.
Wohl ſtritt der kühne Gernot; · ſo that auch Geiſelher der Degen.
Tauſend und viere · die kamen in das Haus:
Da hörte man erklingen · den hellen Schwerterſaus.
Sie wurden von den Gäſten · alle drin erſchlagen:
Man mochte große Wunder · von den Burgunden ſagen.
Darnach ward eine Stille, · als der Lärm verſcholl.
Das Blut allenthalben · durch die Lücken quoll
Und zu den Riegelſteinen · von den todten Degen:
Das hatten die vom Rheine · gethan mit kräftigen Schlägen.
Da ſaßen wieder rufend · die aus Burgundenland,
Sie legten mit den Schilden · die Waffen aus der Hand.
Da ſtand noch vor dem Hauſe · der kühne Spielmann,
Erwartend, ob noch Jemand · zum Streite zöge heran.
Der König klagte heftig, · dazu die Königin;
Mägdelein und Frauen · härmten ſich den Sinn.
Der Tod, wähn ich, hatte · ſich wider ſie verſchworen:
Drum giengen durch die Gäſte · noch viele der Recken verloren.