Wie man dort gebarte, · vernahmt ihr nun genug.
Wohl kamen nie gefahren · in ſolchem ſtolzen Zug
So hochgemuthe Degen · in eines Königs Land;
Sie hatten, was ſie wollten, · beides, Waffen und Gewand.
Der Vogt vom Rheine kleidete · aus ſeinem Heergeleit
Der Degen tauſend ſechzig, · ſo gab man uns Beſcheid,
Und neuntauſend Knechte · zu dem Hofgelag;
Die ſie zu Hauſe ließen, · beweinten es wohl hernach.
Da trug man ihr Geräthe · zu Worms übern Hof.
Wohl ſprach da von Speier · ein alter Biſchof
Zu der ſchönen Ute: · „Unſre Freunde wollen fahren
Zu dem Gaſtgebote: · möge Gott ſie da bewahren.“
Da ſprach zu ihren Söhnen · Ute, die Fraue gut:
„Ihr ſolltet hier verbleiben, · Helden hochgemuth.
Geträumt hat mir heute · von ängſtlicher Noth,
Wie all das Gevögel · in dieſem Lande wäre todt.“
„Wer ſich an Träume wendet,“ · ſprach dawider Hagen,
„Der weiß noch die rechte · Kunde nicht zu ſagen,
Wie es mög am Beſten · um ſeine Ehre ſtehn:
Es mag mein Herr nur immer · mit Urlaub hin zu Hofe gehn.
„Wir wollen gerne reiten · in König Etzels Land:
Da mag wohl Köngen dienen · guter Helden Hand,
So wir da ſchauen ſollen · Kriemhildens Hochzeit.“
Hagen rieth die Reiſe; · doch ward es ſpäter ihm leid.
Er hätt es widerrathen, · nur daß Gernot
Mit ungefügen Reden · ihm Spott entgegenbot.
Er mahnt' ihn an Siegfried, · Frau Kriemhildens Mann:
Er ſprach: „Darum ſteht Hagen · die große Reiſe nicht an.“
Da ſprach von Tronje Hagen: · „Nicht Furcht iſt's, daß ich's thu.
Gebietet ihr es, Helden, · ſo greift immer zu:
Gern will ich mit euch reiten · in König Etzels Land.“
Bald ward von ihm zerhauen · mancher Helm und Schildesrand.
Die Schiffe ſtanden fertig · zu fahren überrhein;
Was ſie an Kleidern hatten, · trugen ſie darein.
Sie fanden viel zu ſchaffen · bis zur Abendzeit;
Sie huben ſich von Hauſe · zur Reiſe freudig bereit.
Sie ſchlugen auf im Graſe · ſich Hütten und Gezelt
Jenſeits des Rheines, · wo das Lager war beſtellt.
Da bat noch zu verweilen · Gunthern ſein ſchönes Weib;
Sie herzte nachts noch einmal · des Mannes waidlichen Leib.
Flöten und Poſaunen · erſchollen morgens fruh
Den Aufbruch anzukündigen: · da griff man bald dazu.
Wem Liebes lag im Arme, · herzte des Freundes Leib;
Mit Leid trennte Viele · des König Etzel Weib.
Der ſchönen Ute Söhne · die hatten einen Mann,
Der kühn war und bieder; · als man die Fahrt begann,
Sprach er zu dem Könige · geheim nach ſeinem Muth.
Er ſprach: „Ich muß wohl trauern, · daß ihr die Hofreiſe thut.“
Er war geheißen Rumold, · ein Degen auserkannt.
Er ſprach: „Wem wollt ihr laßen · Leute nun und Land?
Daß Niemand doch euch Recken · wenden mag den Muth!
Die Mären Kriemhildens · dauchten mich niemals gut.“
„Das Land ſei dir befohlen · und auch mein Söhnelein;
Und diene wohl den Frauen: · das iſt der Wille mein.
Wen du weinen ſieheſt, · dem tröſte Herz und Sinn;
Es wird uns nichts zu Leide · Kriemhild thun, die Königin.“
Eh man ſchied von dannen, · berieth der König hehr
Sich mit den höchſten Mannen; · er ließ nicht ohne Wehr
Das Land und die Burgen: · die ihrer ſollten pflegen,
Zum Schutze ließ er denen · manchen auserwählten Degen.
Die Roſſe ſtanden aufgezäumt · den Mannen wie den Herrn:
Mit minniglichem Kuſſe · zog da Mancher fern,
Dem noch in hohem Muthe · lebte Seel und Leib;
Das muſte bald beweinen · manches waidliche Weib.
Wehruf und Weinen · hörte man genug;
Auf dem Arm die Königin · ihr Kind dem König trug:
„Wie wollt ihr ſo verwaiſen · uns beide auf ein Mal?
Verbleibet uns zu Liebe,“ · ſprach ſein jammerreich Gemahl.
„Frau, ihr ſollt nicht weinen · um den Willen mein,
Ihr mögt hier ohne Sorgen · in hohem Muthe ſein:
Wir kommen bald euch wieder · mit Freuden wohl geſund.“
Sie ſchieden von den Freunden · minniglich zur ſelben Stund.
Als man die ſchnellen Recken · ſah zu den Roſſen gehn,
Fand man viel der Frauen · in hoher Trauer ſtehn.
Daß ſie auf ewig ſchieden, · ſagt' ihnen wohl der Muth:
Zu großem Schaden kommen, · das thut Niemanden gut.
Die ſchnellen Burgunden · begannen ihren Zug.
Da ward in dem Lande · das Treiben groß genug;
Beiderſeits des Rheines · weinte Weib und Mann.
Wie auch das Volk gebarte, · ſie fuhren fröhlich hindann.
Niblungens Helden · zogen mit ihnen aus
In tauſend Halsbergen: · die hatten dort zu Haus
Viel ſchöne Fraun gelaßen · und ſahn ſie nimmermehr.
Siegfriedens Wunden · die ſchmerzten Kriemhilden ſehr.
Nur ſchwach in jenen Zeiten · war der Glaube noch:
Es ſang ihnen Meſſe · ein Kaplan jedoch:
Der kam geſund zurücke, · obwohl aus großer Noth;
Die andern blieben alle · dort im Heunenlande todt.
Da lenkten mit der Reiſe · auf den Mainſtrom an
Hinauf durch Oſtfranken · Die Gunthern unterthan.
Hagen war ihr Führer, · der war da wohlbekannt.
Ihr Marſchall war Dankwart, · der Held von Burgundenland.
Da ſie von Oſtfranken · durch Schwalefelde ritten,
Da konnte man ſie kennen · an den herrlichen Sitten,
Die Fürſten und die Freunde, · die Helden lobeſam.
An dem zwölften Morgen · der König an die Donau kam.
Da ritt von Tronje Hagen · den andern all zuvor:
Er hielt den Nibelungen · zumal den Muth empor.
Bald ſprang der kühne Degen · nieder auf den Strand,
Wo er ſein Roſs in Eile · feſt an einem Baume band.
Die Flut war ausgetreten, · die Schifflein verborgen:
Die Nibelungen kamen · da in große Sorgen,
Wie ſie hinüber ſollten: · das Waſſer war zu breit.
Da ſchwang ſich zur Erde · mancher Ritter allbereit.
„Uebel,“ ſprach da Hagen, · „mag dir wohl hier geſchehn,
König an dem Rheine; · du magſt es ſelber ſehn:
Das Waſſer iſt ergoßen, · zu ſtark iſt ſeine Flut:
Ich fürchte, wir verlieren · noch heute manchen Recken gut.“
„Hagen, was verweiſt ihr mir?“ · ſprach der König hehr,
„Um eurer Hofzucht willen · erſchreckt uns nicht noch mehr.
Ihr ſollt die Furt uns ſuchen · hinüber an das Land,
Daß wir von hinnen bringen · beides, Roſs' und Gewand.“
„Mir iſt ja noch,“ ſprach Hagen, · „mein Leben nicht ſo leid,
Daß ich mich möcht ertränken · in dieſen Wellen breit:
Erſt ſoll von meinen Händen · erſterben mancher Mann
In König Etzels Landen, · wozu ich gute Luſt gewann.
„Bleibet bei dem Waſſer, · ihr ſtolzen Ritter gut.
So geh ich und ſuche · die Fergen bei der Flut,
Die uns hinüber bringen · in Gelfratens Land.“
Da nahm der kühne Hagen · ſeinen feſten Schildesrand.
Er war wohl bewaffnet: · den Schild er bei ſich trug;
Sein Helm war aufgebunden · und glänzte hell genug.
Ueberm Harniſch führt' er · eine breite Waffe mit,
Die an beiden Schärfen · aufs allergrimmigſte ſchnitt.
Er ſuchte hin und wieder · nach einem Schiffersmann.
Da hört' er Waſſer rauſchen; · zu lauſchen hub er an.
In einem ſchönen Brunnen · that das manch weiſes Weib:
Die gedachten da im Bade · ſich zu kühlen den Leib.
Hagen ward ihrer inne, · da ſchlich er leis heran;
Sie eilten ſchnell von hinnen, · als ſie den Helden ſahn.
Daß ſie ihm entrannen, · des freuten ſie ſich ſehr.
Da nahm er ihre Kleider · und ſchadet' ihnen nicht mehr.
Da ſprach das eine Meerweib, · Hadburg war ſie genannt:
„Hagen, edler Ritter, · wir machen euch bekannt,
Wenn ihr uns dagegen · die Kleider wiedergebt,
Was ihr auf dieſer Reiſe · bei den Heunen erlebt.“
Sie ſchwammen wie die Vögel · ſchwebend auf der Flut.
Da daucht ihn ihr Wißen · von den Dingen gut:
So glaubt' er um ſo lieber, · was ſie ihm wollten ſagen.
Sie beſchieden ihn darüber, · was er begann ſie zu fragen.
Sie ſprach: „Ihr mögt wohl reiten · in König Etzels Land:
Ich ſetz euch meine Treue · dafür zum Unterpfand:
Niemals fuhren Helden · noch in ein fremdes Reich
Zu ſo hohen Ehren: · in Wahrheit, ich ſag es euch.“
Der Rede war da Hagen · im Herzen froh und hehr!
Die Kleider gab man ihnen · und ſäumte ſich nicht mehr.
Als ſie umgezogen · ihr wunderbar Gewand,
Vernahm er erſt die Wahrheit · von der Fahrt in Etzels Land.
Da ſprach das andre Meerweib · mit Namen Siegelind:
„Ich will dich warnen, Hagen, · Aldrianens Kind.
Meine Muhme hat dich · der Kleider halb belogen:
Und kommſt du zu den Heunen, · ſo biſt du übel betrogen.
„Wieder umzukehren, · wohl wär es an der Zeit,
Dieweil ihr kühnen Helden · alſo geladen ſeid,
Daß ihr müßt erſterben · in der Heunen Land:
Wer da hinreitet, · der hat den Tod an der Hand.“
Da ſprach aber Hagen: · „Ihr trügt mich ohne Noth:
Wie ſollte das ſich fügen, · daß wir alle todt
Blieben bei dem Hofgelag · durch Jemandes Groll?“
Da ſagten ſie dem Degen · die Märe deutlich und voll.
Da ſprach die Eine wieder: · „Es muß nun ſo geſchehn,
Keiner wird von euch allen · die Heimat wiederſehn
Als der Kaplan des Königs: · das iſt uns wohlbekannt,
Der kommt geborgen wieder · heim in König Gunthers Land.“
Ingrimmen Muthes · ſprach der kühne Hagen:
„Das ließen meine Herren · ſchwerlich ſich ſagen,
Wir verlören bei den Heunen · Leben all und Leib;
Nun zeig uns übers Waſſer, · allerweiſeſtes Weib.“
Sie ſprach: „Willſt du nicht anders · und ſoll die Fahrt geſchehn,
So ſiehſt du überm Waſſer · eine Herberge ſtehn:
Darin iſt ein Ferge · und ſonſt nicht nah noch fern.“
Weiter nachzufragen, · des begab er nun ſich gern.
Dem unmuthsvollen Recken · rief noch die Eine nach:
„Nun wartet, Herr Hagen, · euch iſt auch gar zu jach;
Vernehmt noch erſt die Kunde, · wie ihr kommt durchs Land.
Der Herr dieſer Marke · der iſt Elſe genannt.
„Sein Bruder iſt geheißen · Gelfrat der Held,
Ein Herr im Baierlande: · nicht ſo leicht es hält,
Wollt ihr durch ſeine Marke: · ihr mögt euch wohl bewahren
Und ſollt auch mit dem Fergen · gar beſcheidentlich verfahren.
„Der iſt ſo grimmes Muthes, · er läßt euch nicht gedeihn,
Wollt ihr nicht verſtändig · bei dem Helden ſein.
Soll er euch überholen, · ſo bietet ihm den Sold;
Er hütet dieſes Landes · und iſt Gelfraten hold.
„Und kommt er nicht bei Zeiten, · ſo ruft über Flut
Und ſagt, ihr heißet Amelrich; · das war ein Degen gut,
Der ſeiner Feinde willen · räumte dieſes Land:
So wird der Fährmann kommen, · wird ihm der Name genannt.“
Der übermüthge Hagen · dankte den Frauen hehr
Des Raths und der Lehre; · kein Wörtlein ſprach er mehr.
Dann gieng er bei dem Waſſer · hinauf an dem Strand,
Wo er auf jener Seite · eine Herberge fand.
Laut begann zu rufen · der Degen über Flut:
„Nun hol mich über, Ferge,“ · ſprach der Degen gut,
„So geb ich dir zum Lohne · eine Spange goldesroth;
Mir thut das Ueberfahren, · das wiße, wahrhaftig Noth.“
Es brauchte nicht zu dienen · der reiche Schiffersmann,
Lohn nahm er ſelten · von Jemandem an;
Auch waren ſeine Knechte · zumal von ſtolzem Muth.
Noch immer ſtand Hagen · dießſeits allein bei der Flut.
Da rief er ſo gewaltig, · der ganze Strom erſcholl
Von des Helden Stärke, · die war ſo groß und voll:
„Mich Amelrich hol über; · ich bin es, Elſes Mann,
Der vor ſtarker Feindſchaft · aus dieſen Landen entrann.“
Hoch an ſeinem Schwerte · er ihm die Spange bot,
Die war ſchön und glänzte · von lichtem Golde roth,
Daß er ihn überbrächte · in Gelfratens Land.
Der übermüthge Ferge · nahm ſelbſt das Ruder an die Hand.
Auch hatte dieſer Ferge · habſüchtgen Sinn:
Die Gier nach großem Gute · bringt endlich Ungewinn;
Er dachte zu verdienen · Hagens Gold ſo roth,
Da litt er von dem Degen · hier den ſchwertgrimmen Tod.
Der Ferge zog gewaltig · hinüber an den Strand.
Welcher ihm genannt war, · als er den nicht fand,
Da hub er an zu zürnen: · als er Hagen ſah,
Mit grimmem Ungeſtüme · zu dem Helden ſprach er da:
„Ihr mögt wohl ſein geheißen · mit Namen Amelrich;
Doch ſeht ihr dem nicht ähnlich, · des ich verſehen mich.
Von Vater und von Mutter · war er der Bruder mein:
Nun ihr mich betrogen habt, · ſo müßt ihr dießhalben ſein.“
„Nein! um Gotteswillen,“ · ſprach Hagen dagegen.
„Ich bin ein fremder Recke, · beſorgt um andre Degen.
So nehmet denn freundlich · hin meinen Sold
Und fahrt uns hinüber: · ich bin euch wahrhaftig hold.“
Da ſprach der Ferge wieder: · „Das kann einmal nicht ſein.
Viel der Feinde haben · die lieben Herren mein.
Drum fahr ich keinen Fremden · hinüber in ihr Land:
Wenn euch das Leben lieb iſt, · ſo tretet aus an den Strand.“
„Das thu ich nicht,“ ſprach Hagen, · „traurig iſt mein Muth.
Nehmt zum Gedächtniß · die goldne Spange gut
Und fahrt uns über, tauſend Roſs' · und auch ſo manchen Mann.“
Da ſprach der grimme Ferge: · „Das wird nimmer gethan.“
Er hob ein ſtarkes Ruder, · mächtig und breit,
Und ſchlug es auf Hagen · (es ward ihm ſpäter leid),
Daß er im Schiffe nieder · ſtrauchelt' auf die Knie.
Solchen grimmen Fergen · fand der von Tronje noch nie.
Noch ſtärker zu erzürnen · den kühnen Fremdling, ſchwang
Er ſeine Ruderſtange, · daß ſie gar zerſprang,
Auf das Haupt dem Hagen; · er war ein ſtarker Mann:
Davon Elſes Ferge · bald großen Schaden gewann.
Mit grimmigem Muthe · griff Hagen gleich zur Hand
Zur Seite nach der Scheide, · wo er ein Waffen fand:
Er ſchlug das Haupt ihm nieder · und warf es auf den Grund.
Bald wurden dieſe Mären · den ſtolzen Burgunden kund.
Im ſelben Augenblicke, · als er den Fährmann ſchlug,
Glitt das Schiff zur Strömung; · das war ihm leid genug.
Eh er es richten konnte, · fiel ihn Ermüdung an:
Da zog am Ruder kräftig · König Gunthers Unterthan.
Er verſucht' es umzukehren · mit manchem ſchnellen Schlag,
Bis ihm das ſtarke Ruder · in der Hand zerbrach.
Er wollte zu den Recken · ſich wenden an den Strand;
Da hatt er keines weiter: · wie bald er es zuſammen band
Mit ſeinem Schildriemen, · einer Borte ſchmal.
Hin zu einem Walde · wandt er das Schiff zu Thal.
Da fand er ſeinen Herren · ſein harren an dem Strand;
Es giengen ihm entgegen · viel der Degen auserkannt.
Mit Gruß ihn wohl empfiengen · die edeln Ritter gut:
Sie ſahen in dem Schiffe · rauchen noch das Blut
Von einer ſtarken Wunde, · die er dem Fergen ſchlug:
Darüber muſte Hagen · fragen hören genug.
Als der König Gunther · das heiße Blut erſah
In dem Schiffe ſchweben, · wie bald ſprach er da:
„Wo iſt denn, Herr Hagen, · der Fährmann hingekommen?
Eure ſtarken Kräfte haben · ihm wohl das Leben benommen.“
Da ſprach er mit Verläugnen: · „Als ich das Schifflein fand
Bei einer wilden Weide, · da löſt' es meine Hand.
Ich habe keinen Fergen · heute hier geſehn;
Leid iſt auch Niemand · von meinen Händen geſchehn.“
Da ſprach von Burgunden · der König Gernot:
„Heute muß ich bangen · um lieber Freunde Tod,
Da wir keinen Schiffmann · hier am Strome ſehn:
Wie wir hinüber kommen, · darob muß ich in Sorgen ſtehn.“
Laut rief da Hagen: · „Legt auf den Boden her,
Ihr Knechte, das Geräthe: · ich gedenke, daß ich mehr
Der allerbeſte Ferge war, · den man am Rheine fand:
Ich bring euch hinüber · gar wohl in Gelfratens Land.“
Daß ſie deſto ſchneller · kämen über Flut,
Trieb man hinein die Mähren; · ihr Schwimmen ward ſo gut,
Daß ihnen auch nicht eines · der ſtarke Strom benahm.
Einige trieben ferner, · als ſie Ermüdung überkam.
Sie trugen zu dem Schiffe · ihr Gut und ihre Wehr,
Nun einmal ihre Reiſe · nicht zu vermeiden mehr.
Hagen fuhr ſie über; · da bracht er an den Strand
Manchen zieren Recken · in das unbekannte Land.
Zum erſten fuhr er über · tauſend Ritter hehr
Und ſeine ſechzig Degen; · dann kamen ihrer mehr:
Neuntauſend Knechte, · die bracht er an das Land.
Des Tags war unmüßig · des kühnen Tronejers Hand.
Das Schiff war ungefüge, · ſtark und weit genug:
Fünfhundert oder drüber · es leicht auf einmal trug
Ihres Volks mit Speiſe · und Waffen über Flut:
Am Ruder muſte ziehen · des Tages mancher Ritter gut.
Da er ſie wohlgeborgen · über Flut gebracht,
Da war der fremden Märe · der ſchnelle Held bedacht,
Die ihm verkündet hatte · das wilde Meerweib:
Dem Kaplan des Königs gieng es · da ſchier an Leben und Leib.
Bei ſeinem Weihgeräthe · er den Pfaffen fand,
Auf dem Heiligthume · ſich ſtützend mit der Hand:
Das kam ihm nicht zu Gute, · als Hagen ihn erſah;
Der unglückſelge Prieſter, · viel Beſchwerde litt er da.
Er ſchwang ihn aus dem Schiffe · mit jäher Gewalt.
Da riefen ihrer Viele: · „Halt, Hagen, halt!“
Geiſelher der junge · hub zu zürnen an;
Er wollt es doch nicht laßen, · bis er ihm Leides gethan.
Da ſprach von Burgunden · der König Gernot:
„Was hilft euch wohl, Herr Hagen, · des Kaplanes Tod?
Thät dieß anders Jemand, · es ſollt ihm werden leid.
Was verſchuldete der Prieſter, · daß ihr ſo wider ihn ſeid?“
Der Pfaffe ſchwamm nach Kräften: · er hoffte zu entgehn,
Wenn ihm nur Jemand hülfe: · das konnte nicht geſchehn,
Denn der ſtarke Hagen, · gar zornig war ſein Muth,
Stieß ihn zu Grunde wieder; · das dauchte Niemanden gut.
Als der arme Pfaffe · hier keine Hülfe ſah,
Da wandt er ſich ans Ufer; · Beſchwerde litt er da.
Ob er nicht ſchwimmen konnte, · doch half ihm Gottes Hand,
Daß er wohlgeborgen · hinwieder kam an den Strand.
Da ſtand der arme Prieſter · und ſchüttelte ſein Kleid.
Daran erkannte Hagen, · ihm habe Wahrheit,
Unmeidliche, verkündet · das wilde Meerweib.
Er dachte: „Dieſe Degen · verlieren Leben und Leib.“
Als ſie das Schiff entladen · und ans Geſtad geſchafft,
Was darauf beſeßen · der Könge Ritterſchaft,
Schlug Hagen es in Stücke · und warf es in die Flut;
Das wunderte gewaltig · die Recken edel und gut.
„Bruder, warum thut ihr das?“ · ſprach da Dankwart,
„Wie ſollen wir hinüber · bei unſrer Wiederfahrt,
Wenn wir von den Heunen · reiten an den Rhein?“
Hernach ſagt' ihm Hagen, · das könne nimmermehr ſein.
Da ſprach der Held von Tronje: · „Ich thats mit Wohlbedacht:
Haben wir einen Feigen · in dieſes Land gebracht,
Der uns entrinnen möchte · in ſeines Herzens Noth,
Der muß an dieſen Wogen · leiden ſchmählichen Tod.“
Sie führten bei ſich Einen · aus Burgundenland,
Der ein gar behender Held · und Volker ward genannt.
Der redete da launig · nach ſeinem kühnen Muth:
Was Hagen je begangen, · den Fiedler dauchte das gut.
Als der Kaplan des Königs · das Schiff zerſchlagen ſah,
Ueber das Waſſer · zu Hagen ſprach er da:
„Ihr Mörder ohne Treue, · was hatt ich euch gethan,
Daß mich unſchuldgen Pfaffen · eur Herz zu ertranken ſann?“
Zur Antwort gab ihm Hagen: · „Die Rede laßt beiſeit:
Mich kümmert, meiner Treue, · daß ihr entkommen ſeid
Hier von meinen Händen, · das glaubt ohne Spott.“
Da ſprach der arme Prieſter: · „Dafür lob ich ewig Gott.
„Ich fürcht euch nun wenig, · des dürft ihr ſicher ſein:
Fahrt ihr zu den Heunen, · ſo will ich über Rhein.
Gott laß euch nimmer wieder · nach dem Rheine kommen,
Das wünſch ich euch von Herzen: · ſchier das Leben habt ihr mir genommen.“
Da ſprach König Gunther · zu ſeinem Kapellan:
„Ich will euch alles büßen, · was Hagen euch gethan
Hat in ſeinem Zorne, · komm ich an den Rhein
Mit meinem Leben wieder: · des ſollt ihr außer Sorge ſein.
„Fahrt wieder heim zu Lande; · es muß nun alſo ſein.
Ich entbiete meine Grüße · der lieben Frauen mein
Und meinen andern Freunden, · wie ich billig ſoll:
Sagt ihnen liebe Märe, · daß wir noch alle fuhren wohl.“
Die Roſſe ſtanden harrend, · die Säumer wohl geladen;
Sie hatten auf der Reiſe · bisher noch keinen Schaden
Genommen, der ſie ſchmerzte, · als des Königs Kaplan:
Der muſt auf ſeinen Füßen · ſich zum Rheine ſuchen Bahn.