Als Etzel ſeine Fiedler · hin zum Rheine ſandte,
Da flogen dieſe Mären · von Lande zu Lande:
Mit ſchnellen Abgeſandten · bat er und entbot
Zu ſeinem Hofgelage; · da holte Mancher ſich den Tod.
Die Boten ritten hinnen · aus der Heunen Land
Zu den Burgunden, · wohin man ſie geſandt
Zu dreien edeln Königen · und ihrer Mannen Heer:
Daß ſie zu Etzeln kämen; · da beeilten ſie ſich ſehr.
Zu Bechlaren ritten · ſchon die Boten ein.
Ihnen diente man da gerne · und ließ auch das nicht ſein:
Ihre Grüße ſandten · Rüdger und Gotelind
Den Degen an dem Rheine · und auch des Markgrafen Kind.
Sie ließen ohne Gaben · die Boten nicht hindann,
Daß deſto ſanfter führen · Die Etzeln unterthan.
Uten und ihren Söhnen · entbot da Rüdiger,
Ihnen ſo gewogen hätten · ſie keinen Markgrafen mehr.
Sie entboten auch Brunhilden · Alles, was lieb und gut,
Ihre ſtäte Treue · und dienſtbereiten Muth.
Da wollten nach der Rede · die Boten weiter ziehn;
Gott bat ſie zu bewahren · Gotlind die edle Markgräfin.
Eh noch die Boten völlig · durchzogen Baierland,
Werbel der Schnelle · den guten Biſchof fand.
Was der da ſeinen Freunden · hin an den Rhein entbot,
Davon hab ich nicht Kunde; · jedoch ſein Gold alſo roth
Gab er den Boten milde. · Als ſie wollten ziehn,
„Sollt ich ſie bei mir ſchauen,“ · ſprach Biſchof Pilgerin,
„So wär mir wohl zu Muthe, · die Schweſterſöhne mein:
Ich mag leider ſelten · zu ihnen kommen an den Rhein.“
Was ſie für Wege fuhren · zum Rhein durch das Land,
Kann ich euch nicht beſcheiden. · Ihr Gold und ihr Gewand
Blieb ihnen unbenommen; · man ſcheute Etzels Zorn:
So gewaltig herrſchte · der edle König wohlgeborn.
Binnen zwölf Tagen · kamen ſie an den Rhein,
Gen Worms in die Veſte, · Werbel und Schwemmelein.
Da ſagte mans dem König · und ſeinen Mannen an,
Es kämen fremde Boten; · Gunther zu fragen begann.
Da ſprach der Vogt vom Rheine: · „Wer macht uns bekannt,
Von wannen dieſe Gäſte · ritten in das Land?“
Davon wuſte Niemand, · bis die Boten ſah
Hagen von Tronje: · der begann zu Gunthern da:
„Wir hören Neues heute, · dafür will ich euch ſtehn:
Etzels Fiedelſpieler · die hab ich hier geſehn;
Die hat eure Schweſter · geſendet an den Rhein:
Ihres Herren Willen · ſollen ſie uns willkommen ſein.“
Sie ritten ohne Weilen · zu dem Saal heran:
So herrlich fuhr wohl nimmer · eines Fürſten Fiedelmann.
Des Königs Ingeſinde · empfieng ſie gleich zur Hand;
Herberge gab man ihnen · und bewahrte ihr Gewand.
Ihre Reiſekleider waren · reich und ſo wohlgethan,
Sie mochten wohl mit Ehren · ſich ſo dem König nahn;
Doch wollten ſie nicht länger · ſie dort am Hofe tragen.
„Ob Jemand ſie begehre?“ · ließen da die Boten fragen.
Da waren auch bedürftige · Leute bei der Hand,
Die ſie gerne nahmen: · denen wurden ſie geſandt.
Da ſchmückten mit Gewanden · ſo reich die Gäſte ſich,
Wie es Königsboten · herrlich ſtand und wonniglich.
Da gieng mit Urlaube · hin, wo der König ſaß
Etzels Ingeſinde: · gerne ſah man das.
Herr Hagen gleich den Boten · vom Sitz entgegen ſprang,
Sie freundlich zu begrüßen: · des ſagten ihm die Knappen Dank.
Da hub er um die Kunde · ſie zu befragen an,
Wie Etzel ſich gehabe · und Die ihm unterthan.
Da ſprach der Fiedelſpieler: · „Nie beßer ſtands im Land,
Das Volk war niemals froher, · das ſei euch wahrlich bekannt.“
Er führte ſie dem Wirthe zu; · der Königsſaal war voll:
Da empfieng man die Gäſte, · wie man immer ſoll
Boten freundlich grüßen · in andrer Könge Land.
Werbel der Recken · viel bei König Gunthern fand.
Der König wohlgezogen · zu grüßen ſie begann:
„Willkommen, beide Fiedler, · die Etzeln unterthan,
Mit euern Heergeſellen: · wozu hat euch geſandt
Etzel der reiche · zu der Burgunden Land?“
Sie neigten ſich dem König. · Da ſprach Werbelein:
„Euch entbietet ſeine Dienſte · der liebe Herre mein
Und Kriemhild eure Schweſter · hieher in dieſes Land:
Sie haben uns euch Recken · auf gute Treue geſandt.“
Da ſprach der reiche König: · „Der Märe bin ich froh.
Wie gehabt ſich Etzel,“ · der Degen fragte ſo,
„Und Kriemhild meine Schweſter · in der Heunen Land?“
Da ſprach der Fiedelſpieler: · „Das mach ich gern euch bekannt.
„Beßer wohl gehabten · ſich Könge nirgend mehr
Und fröhlicher, das wißet, als die Fürſten hehr
Und ihre Degen alle, · Freund und Untertan.
Sie freuten ſich der Reiſe, · da wir ſchieden hindann,“
„Nun Dank ihm für die Dienſte, · die er mir entbeut,
Ihm und meiner Schweſter: · gern erfahr ich heut,
Daß ſie in Freuden leben, · der König und ſein Lehn;
Meine Frage war nach ihnen · in großen Sorgen geſchehn.“
Die beiden jungen Könige · waren auch gekommen,
Die hatten dieſe Märe · eben erſt vernommen.
Geiſelher der junge · die Boten gerne ſah
Aus Liebe zu der Schweſter; · gar minniglich ſprach er da:
„Ihr Boten ſollt uns beide · hochwillkommen ſein;
Kämet ihr geritten nur öfter · an den Rhein,
Ihr fändet hier der Freunde, · die ihr gerne möchtet ſehn.
Euch ſollte hier zu Lande · wenig Leides geſchehn.“
„Wir verſehn uns alles Guten · zu euch,“ ſprach Schwemmelein;
„Ich könnt euch nicht bedeuten · mit den Worten mein,
Wie minnigliche Grüße · euch Etzel hat geſandt
Und eure edle Schweſter, · die da in hohen Ehren ſtand.
„An eure Lieb und Treue · mahnt euch die Königin
Und daß ihr ſtäts gewogen · war euer Herz und Sinn.
Zuvörderſt euch, Herr König, · ſind wir hieher geſandt,
Daß ihr geruht zu reiten · zu ihnen in der Heunen Land.
„Es ſoll auch mit euch reiten · euer Bruder Gernot.
Etzel der reiche · euch Allen das entbot,
Wenn ihr nicht kommen wolltet, · eure Schweſter ſehn,
So möcht er doch wohl wißen, · was euch von ihm war geſchehn,
„Daß ihr ihn alſo meidet · und auch ſein Reich und Land.
Wär euch auch die Königin · fremd und unbekannt,
So möcht er ſelbſt verdienen, · ihr kämet ihn zu ſehn:
Wenn ihr das leiſten wolltet, · ſo wär ihm Liebes geſchehn.“
Da ſprach der König Gunther: · „Nach der ſiebten Nacht
Will ich euch beſcheiden, · wes ich mich bedacht
Hab im Rath der Freunde; · geht derweilen hin
Zu eurer Herberge · und findet gute Ruh darin.“
Da ſprach wieder Werbel: · „Könnt es nicht geſchehn,
Daß wir unſre Fraue, · die reiche Ute, ſehn,
Eh wir müden Degen · fragten nach der Ruh?“
Da ſprach wohlgezogen · der edle Geiſelher dazu:
„Das ſoll euch Niemand wehren; · wollt ihr vor ſie gehn,
So iſt auch meiner Mutter · Will und Wunſch geſchehn,
Denn ſie ſieht euch gerne · um die Schweſter mein,
Frau Kriemhilde: · ihr ſollt ihr willkommen ſein.“
Geiſelher ſie brachte · hin, wo er Uten fand.
Die ſah die Boten gerne · aus der Heunen Land
Und empfieng ſie freundlich · mit wohlgezognem Muth.
Da ſagten ihr die Märe · die Boten höfiſch und gut.
„Meine Frau läßt euch entbieten,“ · ſprach da Schwemmelein,
„Dienſt und ſtäte Treue, · und wenn es möchte ſein,
Daß ſie euch öfter ſähe, · ſo glaubet ſicherlich,
Wohl keine andre Freude · auf Erden wünſchte ſie ſich.“
Da ſprach die Königin Ute: · „Daſs kann nun nicht ſein.
So gern ich öfter ſähe · die liebe Tochter mein,
So wohnt zu fern uns leider · die edle Königin:
Nun geh ihr immer ſelig · die Zeit mit Etzeln dahin.
„Ihr ſollt mich wißen laßen, · eh ihr von hinnen müßt,
Wenn ihr reiten wollet; · ich ſah in langer Friſt
Boten nicht ſo gerne, · als ich euch geſehn.“
Da gelobten ihr die Knappen, · ihr Wille ſolle geſchehn.
Zu den Herbergen giengen · Die von Heunenland.
Der reiche König hatte · die Freunde nun beſandt.
Gunther der edle · fragte Mann für Mann,
Was ſie darüber dächten? · Wohl Manche huben da an,
Er möge wohl reiten · in König Etzels Land.
Das riethen ihm die Beſten, · die er darunter fand.
Hagen nur alleine, · dem war es grimmig leid.
Zum König ſprach er heimlich: · „Mit euch ſelbſt ſeid ihr im Streit.
Ihr habt doch nicht vergeßen, · was ihr von uns geſchehn:
Vor Kriemhilden müßen · wir ſtäts in Sorge ſtehn.
Ich ſchlug ihr zu Tode · den Mann mit meiner Hand:
Wie dürften wir wohl reiten · hin in König Etzels Land?“
Da ſprach der reiche König: · „Meiner Schweſter Zürnen ſchwand.
Mit minniglichem Kuſſe, · eh ſie verließ dieß Land,
Hat ſie uns verziehen, · was wir an ihr gethan,
Es wäre denn, ſie ſtände · bei euch, Herr Hagen, noch an.“
„Nun laßt euch nicht betrügen,“ · ſprach Hagen, „was auch ſagen
Dieſe Heunenboten: · wollt ihrs mit Kriemhild wagen,
Da verliert ihr zu der Ehre · Leben leicht und Leib:
Sie weiß wohl nachzutragen, · dem König Etzel ſein Weib!“
Da ſprach vor dem Rathe · der König Gernot:
„Ihr mögt aus guten Gründen · fürchten dort den Tod
In heuniſchen Reichen; · ſtänden wir drum an
Und mieden unſre Schweſter, · das wär übel gethan.“
Da ſprach zu dem Degen · der junge Geiſelher:
„Da ihr euch, Freund Hagen, · ſchuldig wißt ſo ſehr,
So bleibt hier im Lande, · euer Heil zu weiſen;
Nur laßt, die ſichs getrauen, · mit uns zu den Heunen fahren.“
Darob begann zu zürnen · von Tronje der Held:
„Ich will nicht, daß euch Jemand · ſei bei der Fahrt geſellt,
Der an den Hof zu reiten · ſich mehr getraut als ich:
Wollt ihrs nicht bleiben laßen, · ich beweis' es euch ſicherlich.“
Da ſprach der Küchenmeiſter · Rumold der Degen:
„Der Heimiſchen und Fremden · mögt ihr zu Hauſe pflegen
Nach euerm Wohlgefallen: · da habt ihr vollen Rath;
Ich glaube nicht, daß Hagen · euch noch je vergeiſelt hat.
„Wollt ihr nicht Hagen folgen, · ſo räth euch Rumold,
Der ich euch dienſtlich · gewogen bin und hold,
Daß ihr im Lande bleibet · nach dem Willen mein
Und laßt den König Etzel · dort bei Kriemhilden ſein.
„Wo könntet ihr auf Erden · ſo gut als hier gedeihn?
Ihr mögt vor euern Feinden · daheim geborgen ſein,
Ihr ſollt mit guten Kleidern · zieren euern Leib,
Des beſten Weines trinken · und minnen manches ſchöne Weib.
„Dazu giebt man euch Speiſe, · ſo gut ſie in der Welt
Ein König mag gewinnen. · Euer Land iſt wohl beſtellt:
Der Hochzeit Etzels mögt ihr euch · mit Ehren wohl begeben
Und hier mit euern Freunden · in guter Kurzweile leben.
„Und hättet ihr nichts Anderes · davon zu zehren hier,
Ich gab euch Eine Speiſe · die Fülle für und für,
In Oel geſottne Schnitten. · Das iſt, was Rumold räth,
Da es gar ſo ängſtlich, · ihr Herrn, dort bei den Heunen ſteht.
„Hold wird euch Frau Kriemhild · doch nimmer, glaubet mir;
Auch habt ihr und Hagen · es nicht verdient an ihr.
Und wollt ihr nicht verbleiben, · wer weiß, wie ihrs beklagt:
Ihr werdets noch erkennen, · ich hab euch Wahrheit geſagt.
„Drum rath ich euch zu bleiben. · Reich iſt euer Land:
Ihr könnt hier beßer löſen, · was ihr gabt zu Pfand,
Als dort bei den Heunen: · wer weiß, wie es da ſteht?
Verbleibt hier, ihr Herren: · das iſt, was Rumold euch rath.“
„Wir wollen nun nicht bleiben,“ · ſprach da Gernot.
„Da es meine Schweſter · ſo freundlich uns entbot
Und Etzel der reiche, · was führen wir nicht hin?
Die nicht mit uns wollen, · mögen bleiben immerhin.“
„In Treuen,“ ſprach da Rumold, · „ich will der Eine ſein,
Der um Etzels Hofgelag · kommt nimmer überrhein.
Wie ſetzt' ich wohl das Beßre · aufs Spiel, das ich gewann?
Ich will mich ſelbſt ſo lange · am Leben laßen, als ich kann.“
„So denk ichs auch zu reiten,“ · ſprach Ortwein der Degen:
„Ich will der Geſchäfte · zu Hauſe mit euch pflegen.“
Da ſprachen ihrer Viele, · ſie wollten auch nicht fahren:
„Gott woll euch, liebe Herren, · bei den Heunen wohl bewahren.“
Der König Gunther zürnte, · als er ward gewahr,
Sie wollten dort verbleiben, · der Ruhe willen zwar:
„Wir wollens drum nicht laßen, · wir müßen an die Fahrt;
Der waltet guter Sinne, · der ſich allezeit bewahrt.“
Zur Antwort gab da Hagen: · „Laßt euch zum Verdruß
Meine Rede nicht gereichen: · was auch geſchehen muß,
Das rath ich euch in Treuen, · wenn ihr euch gern bewahrt,
Daß ihr nur wohlgerüſtet · zu dem Heunenlande fahrt.
„Wenn ihrs euch unterwindet, · ſo entbietet euer Heer,
Die Beſten, die ihr findet · und irgend wißt umher,
Aus ihnen Allen wähl ich dann · tauſend Ritter gut:
So mag euch nicht gefährden · der argen Kriemhilde Muth.“
„Dem Rathe will ich folgen,“ · ſprach der König gleich.
Da ſandt er ſeine Boten · umher in ſeinem Reich.
Bald brachte man der Helden · dreitauſend oder mehr.
Sie dachten nicht zu finden · ſo großes Leid und Beſchwer.
Sie ritten hohes Muthes · durch König Gunthers Land.
Sie verhießen Allen · Roſs' und Gewand,
Die ihnen geben wollten · zum Heunenland Geleit.
Da fand viel gute Ritter · der König zu der Fahrt bereit.
Da ließ von Tronje Hagen · Dankwart den Bruder ſein
Achtzig ihrer Recken · führen an den Rhein.
Sie kamen ſtolz gezogen; · Harniſch und Gewand
Brachten viel die ſchnellen · König Gunthern in das Land.
Da kam der kühne Volker, · ein edler Spielmann,
Mit dreißig ſeiner Degen · zu der Fahrt heran.
Ihr Gewand war herrlich, · ein König mocht es tragen.
Er wollte zu den Heunen, · ließ er dem Könige ſagen.
Wer Volker ſei geweſen, · das ſei euch kund gethan.
Es war ein edler Herre; · ihm waren unterthan
Viel der guten Recken · in Burgundenland;
Weil er fiedeln konnte, · war er der Spielmann genannt.
Hagen wählte tauſend, · die waren ihm bekannt;
Was ſie in ſtarken Stürmen · gefrommt mit ihrer Hand
Und ſonſt begangen hatten, · das hatt er oft geſehn:
Auch alle Andern muſten · ihnen Ehre zugeſtehn.
Die Boten Kriemhildens · der Aufenthalt verdroß;
Die Furcht vor ihrem Herren · war gewaltig groß:
Sie hielten alle Tage · um den Urlaub an.
Den gönnt' ihnen Hagen nicht: · das ward aus Vorſicht gethan.
Er ſprach zu ſeinem Herren: · „Wir wollen uns bewahren,
Daß wir ſie reiten laßen, · bevor wir ſelber fahren
Sieben Tage ſpäter · in König Etzels Land:
Trägt man uns argen Willen, · das wird ſo beßer gewandt.
„So mag ſich auch Frau Kriemhild · bereiten nicht dazu,
Daß uns nach ihrem Rathe · Jemand Schaden thu.
Will ſie es doch verſuchen, · ſo fährt ſie übel an:
Wir führen zu den Herren · manchen auserwählten Mann.“
Die Sättel und die Schilde · und all ihr Gewand,
Das ſie führen wollten · in König Etzels Land,
War nun bereit und fertig · für manchen kühnen Mann.
Etzels Spielleute · rief man zu Gunthern heran.
Da die Boten kamen, · begann Herr Gernot:
„Der König will leiſten, · was Etzel uns entbot.
Wir wollen gerne kommen · zu ſeiner Luſtbarkeit
Und unſre Schweſter ſehen; · daß ihr des außer Zweifel ſeid.“
Da ſprach der König Gunther: · „Wißt ihr uns zu ſagen,
Wann das Feſt beginnt, · oder zu welchen Tagen
Wir erwartet werden?“ · Da ſprach Schwemmelein:
„Zur nächſten Sonnenwende · da ſoll es in Wahrheit ſein.“
Der König erlaubte das, · war noch nicht geſchehn,
Wenn ſie Frau Brunhilden · wünſchten noch zu ſehn,
Daß ſie mit ſeinem Willen · ſprächen bei ihr an.
Dem widerſtrebte Volker: · da war ihr Liebes gethan.
„Es iſt ja Frau Brunhild · nun nicht ſo wohlgemuth,
Daß ihr ſie ſchauen möchtet,“ · ſprach der Ritter gut.
„Wartet bis morgen, · ſo läßt man ſie euch ſehn.“
Sie wähnten ſie zu ſchauen, · da konnt es doch nicht geſchehn.
Da ließ der reiche König, · er war den Boten hold,
Aus eigner hoher Milde · daher von ſeinem Gold
Auf breiten Schilden bringen; · wohl war er reich daran.
Ihnen ward auch reiche Schenkung · von ſeinen Freunden gethan.
Geiſelher und Gernot, · Gere und Ortewein,
Wie ſie auch milde waren, · das leuchtete wohl ein:
So reiche Gaben boten · ſie den Boten an,
Daß ſie's vor ihrem Herren · nicht getrauten zu empfahn.
Da ſprach zu dem König · der Bote Werbelein:
„Herr König, laßt die Gaben · nur hier im Lande ſein.
Wir könnens nicht verführen, · weil uns der Herr verbot,
Daß wir Geſchenke nähmen: · auch thut es uns wenig Noth.“
Da ward der Vogt vom Rheine · darüber ungemuth,
Daß ſie verſchmähen wollten · ſo reichen Königs Gut.
Da muſten ſie empfahen · ſein Gold und ſein Gewand,
Daß ſie es mit ſich führten · heim in König Etzels Land.
Sie wollten Ute ſchauen · vor ihrer Wiederkehr.
Die Spielleute brachte · der junge Geiſelher
Zu Hof vor ſeine Mutter; · ſie entbot der Königin,
Wenn man ihr Ehre biete, · ſo bedünk es ſie Gewinn.
Da ließ die Königswitwe · ihre Borten und ihr Gold
Vertheilen um Kriemhildens, · denn der war ſie hold,
Und König Etzels Willen · an das Botenpaar.
Sie mochtens wohl empfahen: · getreulich bot ſie es dar.
Urlaub genommen hatten · nun von Weib und Mann
Die Boten Kriemhildens; · ſie fuhren froh hindann
Bis zum Schwabenlande: · dahin ließ Gernot
Seine Helden ſie begleiten, · daß ſie nirgend litten Noth.
Als die von ihnen ſchieden, · die ſie ſollten pflegen,
Gab ihnen Etzels Herſchaft · Frieden auf den Wegen,
Daß ihnen Niemand raubte · ihr Roſs noch ihr Gewand.
Sie ritten ſehr in Eile · wieder in der Heunen Land.
Wo ſie Freunde wuſten, · da machten ſie es kund,
In wenig Tagen kämen · die Helden von Burgund
Vom Rhein hergezogen · in der Heunen Land.
Pilgerin, dem Biſchof, · ward auch die Märe bekannt.
Als ſie vor Bechlaren · die Straße niederzogen,
Da ward um die Märe · Rüdger nicht betrogen,
Noch Frau Gotelinde, · die Markgräfin hehr.
Daß ſie ſie ſchauen ſollten, · des freuten beide ſich ſehr.
Die Spielleute ſpornten · die Roſſe mächtig an.
Sie ſanden König Etzeln · in ſeiner Stadt zu Gran,
Gruß über Grüße, · die man ihm her entbot,
Brachten ſie dem Könige: · vor Liebe ward er freudenroth.
Als Kriemhild der Königin · die Märe ward bekannt,
Ihre Brüder wollten · kommen in ihr Land,
Da ward ihr wohl zu Muthe: · ſie gab den Boten Lohn
Mit reichlichen Geſchenken; · ſie hatte Ehre davon.
Sie ſprach: „Nun ſagt mir beide, · Werbel und Schwemmelein,
Wer will von meinen Freunden · beim Hofgelage ſein,
Von den höchſten, die wir luden · hieher in dieſes Land?
Sagt an, was ſprach wohl Hagen, · als ihm die Mähre ward bekannt?“
„Er kam zu ihrem Rathe · an einem Morgen fruh;
Wenig gute Sprüche · redet' er dazu,
Als ſie die Fahrt gelobten · nach dem Heunenland:
Die hat der grimme Hagen · die Todesreiſe genannt.
„Es kommen eure Brüder, · die Könge alle drei,
In herrlichem Muthe. · Wer mehr mit ihnen ſei,
Darüber ich des Weitern · euch nicht beſcheiden kann.
Es will mit ihnen reiten · Volker der kühne Fiedelmann.“
„Des mag ich leicht entbehren,“ · ſprach die Königin,
„Daß ich auch Volkern ſähe · her zu Hofe ziehn;
Hagen bin ich gewogen, · der iſt ein Degen gut:
Daß wir ihn ſchauen ſollen, · des hab ich fröhlichen Muth.“
Hin gieng die Königstochter, · wo ſie den König ſah.
Wie ininnigliche Worte · ſprach Frau Kriemhild da:
„Wie gefallen euch die Mären, · viel lieber Herre mein?
Wes mich je verlangte, · das ſoll nun bald vollendet ſein.“
„Dein Will iſt meine Freude,“ · der König ſprach da ſo:
„Ich wär der eignen Freunde · nicht ſo von Herzen froh,
Wenn ſie kommen ſollten · hieher in unſer Land.
Durch deiner Freunde Liebe · viel meiner Sorge verſchwand.“
Des Königs Amtleute · befahlen überall
Mit Geſtühl zu ſchmücken · Pallas und Saal
Für die lieben Gäſte, · die da ſollten kommen.
Durch die ward bald dem König · viel hoher Freude benommen.