Die Boten laßt reiten, · ſo thun wir euch bekannt,
Wie die Königstochter · fuhr durch das Land,
Und wo von ihr Geiſelher · ſchied mit Gernot;
Sie hatten ihr gedienet, · wie ihre Treue gebot.
Sie kamen an die Donau · gen Bergen nun geritten.
Da begannen ſie um Urlaub · die Königin zu bitten,
Weil ſie wieder wollten · reiten an den Rhein.
Da mocht es ohne Weinen · von guten Freunden nicht ſein.
Geiſelher der ſchnelle · ſprach zu der Schweſter ſein:
„Schweſter, wenn du jemals · bedürfen ſollteſt mein,
Was immer dich gefährde, · ſo mach es mir bekannt,
Dann reit ich dir zu dienen · hin in König Etzels Land.“
Die Verwandten alle küſſte ſie auf den Mund.
Minniglich ſich ſcheiden · ſah man da zur Stund
Die ſchnellen Burgunden · von Rüdigers Geleit.
Da zog mit der Königin · manche wohlgethane Maid,
Hundert und viere; · ſie trugen ſchön Gewand
Von buntgewebten Zeugen; · manch breiten Schildesrand
Führte man der Königin · nach auf ihren Wegen.
Da bat auch um Urlaub · Volker der zierliche Degen.
Ueber die Donau kamen · ſie jetzt gen Baierland:
Da ſagte man die Märe, · es kämen angerannt
Viel unkunder Gäſte. · Wo noch ein Kloſter ſteht
Und der Innfluß mündend · in die Donau niedergeht,
In der Stadt zu Paßau · ſaß ein Biſchof.
Herbergen leerten ſich · und auch des Fürſten Hof:
Den Gäſten entgegen · giengs auf durch Baierland,
Wo der Biſchof Pilgerin · die ſchöne Kriemhild fand.
Den Recken in dem Lande · war es nicht zu leid,
Als ſie ihr folgen ſahen · ſo manche ſchöne Maid.
Da kos'ten ſie mit Augen · manch edeln Ritters Kind.
Gute Herberge · wies man den Gäſten geſchwind.
Dort zu Pledelingen · ſchuf man ihnen Ruh;
Das Volk allenthalben · ritt auf ſie zu.
Man gab, was ſie bedurften, · williglich und froh:
Sie nahmen es mit Ehren; · ſo that man bald auch anderswo.
Der Biſchof mit der Nichte · ritt auf Paßau an.
Als es da den Bürgern · der Stadt ward kund gethan,
Das Schweſterkind des Fürſten, · Kriemhild wolle kommen,
Da ward ſie wohl mit Ehren · von den Kaufherrn aufgenommen.
Als der Biſchof wähnte, · ſie blieben nachts ihm da,
Sprach Eckewart der Markgraf: · „Unmöglich iſt das ja:
Wir müßen abwärts reiten · in Rüdigers Land:
Viel Degen harren unſer: · ihnen allen iſt es bekannt.“
Nun wuſt auch wohl die Märe · die ſchöne Gotelind:
Sie rüſtete ſich fleißig · und auch ihr edel Kind.
Ihr hatt entboten Rüdiger, · ihn bedünk es gut,
Wenn ſie der Königstochter · damit tröſtete den Muth
Und ihr entgegenritte · mit ſeiner Mannen Schar
Hinauf bis zur Enſe. · Als das im Werke war,
Da ſah man allenthalben · erfüllt die Straßen ſtehn:
Sie wollten ihren Gäſten · entgegen reiten und gehn.
Nun war gen Everdingen · die Königin gekommen.
Man hatt im Baierlande · von Schächern wohl vernommen,
Die auf den Straßen raubten, · wie es ihr Gebrauch:
So hätten ſie die Gäſte · mögen ſchädigen auch.
Das hatte wohl verhütet · der edle Rüdiger:
Er führte tauſend Ritter · oder wohl noch mehr.
Da kam auch Gotelinde, · Rüdigers Gemahl,
Mit ihr in ſtolzem Zuge · kühner Recken große Zahl.
Ueber die Traune kamen ſie · bei Enſe auf das Feld;
Da ſah man aufgeſchlagen · Hütten und Gezelt,
Daß gute Ruhe fänden · die Gäſte bei der Nacht.
Für ihre Koſt zu ſorgen · war der Markgraf bedacht.
Von den Herbergen · ritt ihrer Frau entgegen
Gotelind die ſchöne. · Da zogen auf den Wegen
Mit klingenden Zäumen · viel Pferde wohlgethan.
Sie wurde wohl empfangen; · lieb that man Rüdigern daran.
Die ſie zu beiden Seiten · begrüßten auf dem Feld
Mit kunſtvollem Reiten, · das war mancher Held.
Sie übten Ritterſpiele; · das ſah manch ſchöne Maid.
Auch war der Dienſt der Helden · den ſchönen Frauen nicht leid.
Als zu den Gäſten kamen · Die in Rüdigers Lehn,
Viel Schaftſplitter ſah man · in die Lüfte gehn
Von der Recken Händen · nach ritterlichen Sitten.
Da wurde wohl zu Danke · vor den Frauen geritten.
Sie ließen es bewenden. · Da grüßte mancher Mann
Freundlich den andern. · Nun führten ſie heran
Die ſchöne Gotelinde, · wo ſie Kriemhild ſah.
Die Frauen dienen konnten, · hatten ſelten Muße da.
Der Vogt von Bechelaren · ritt zu Gotlinden hin.
Wenig Kummer ſchuf es · der edeln Markgräfin,
Daß ſie wohl geborgen · ihn ſah vom Rheine kommen.
Ihr war die meiſte Sorge · mit großer Freude benommen.
Als ſie ihn hatt empfangen, · hieß er ſie auf das Feld
Mit den Frauen ſteigen, · die er ihr ſah geſtellt.
Da zeigte ſich geſchäftig · mancher edle Mann:
Den Frauen wurden Dienſte · mit großem Fleiße gethan.
Da erſah Frau Kriemhild · die Markgräfin ſtehn
Mit ihrem Ingeſinde: · ſie ließ nicht näher gehn:
Sie zog mit dem Zaume · das Roſs an, das ſie trug,
Und ließ ſich aus dem Sattel · heben ſchleunig genug.
Den Biſchof ſah man führen · ſeiner Schweſter Kind,
Ihn und Eckewarten, · hin zu Frau Gotelind.
Es muſte vor ihr weichen, · wer im Wege ſtund.
Da küſſte die Fremde · die Markgräfin auf den Mund.
Da ſprach mit holden Worten · die edle Markgräfin:
„Nun wohl mir, liebe Herrin, · daß ich ſo glücklich bin,
Hier in dieſem Lande · mit Augen euch zu ſehn:
Mir könnt in dieſen Zeiten · nimmer lieber geſchehn.“
„Nun lohn euch Gott,“ ſprach Kriemhild, · „viel edle Gotelind.
So ich geſund verbleibe · mit Botlungens Kind,
Mag euch zu Gute kommen, · daß ihr mich habt geſehn.“
Noch ahnten nicht die Beiden, · was ſpäter muſte geſchehn.
Mit Züchten zu einander · gieng da manche Maid;
Zu Dienſten waren ihnen · die Recken gern bereit.
Sie ſetzten nach dem Gruße · ſich nieder auf den Klee:
Da lernten ſich kennen, · die ſich fremd geweſen eh.
Man ließ den Frauen ſchenken. · Es war am hohen Tag;
Das edle Ingeſinde · der Ruh nicht länger pflag.
Sie ritten, bis ſie fanden · viel breiter Hütten ſtehn:
Da konnten große Dienſte · den edeln Gäſten geſchehn.
Ueber Nacht da pflegen · ſollten ſie der Ruh.
Die von Bechelaren · ſchickten ſich dazu,
Nach Würden zu bewirthen · ſo manchen werthen Mann.
So hatte Rüdiger geſorgt, · es gebrach nicht viel daran.
Die Fenſter an den Mauern · ſah man offen ſtehn;
Man mochte Bechelaren · weit erſchloßen ſehn.
Da ritten ein die Gäſte, · die man gerne ſah;
Gut Gemach ſchuf ihnen · der edle Rüdiger da.
Des Markgrafen Tochter · mit dem Geſinde gieng
Dahin, wo ſie die Königin · minniglich empfieng.
Da war auch ihre Mutter, · Rüdigers Gemahl:
Liebreich empfangen wurden · die Jungfrauen allzumal.
Sie fügten ihre Hände · in Eins und giengen dann
Zu einem weiten Saale, · der war gar wohlgethan,
Vor dem die Donau unten · die Flut vorübergoß.
Da ſaßen ſie im Freien · und hatten Kurzweile groß.
Ich kann euch nicht beſcheiden, · was weiter noch geſchah.
Daß ſie ſo eilen müſten, · darüber klagten da
Die Recken Kriemhildens; · wohl war es ihnen leid.
Was ihnen guter Degen · aus Bechlarn gaben Geleit!
Viel minnigliche Dienſte · der Markgraf ihnen bot.
Da gab die Königstochter · zwölf Armſpangen roth
Der Tochter Gotlindens · und alſo gut Gewand,
Daß ſie kein beßres brachte · hin in König Etzels Land.
Obwohl ihr war benommen · der Nibelungen Gold,
Alle, die ſie ſahen, · machte ſie ſich hold
Noch mit dem kleinen Gute, · das ihr verblieben war.
Dem Ingeſind des Wirthes · bot ſie große Gaben dar.
Dafür erwies Frau Gotlind · den Gäſten von dem Rhein
Auch ſo hohe Ehre · mit Gaben groß und klein,
Daß man da der Fremden · wohl ſelten einen fand,
Der nicht von ihr Geſteine · trug oder herrlich Gewand.
Als man nach dem Imbiß · fahren ſollt hindann,
Ihre treuen Dienſte · trug die Hausfrau an
Mit minniglichen Worten · Etzels Gemahl.
Die liebkos'te ſcheidend · der ſchönen Jungfrau zumal.
Da ſprach ſie zu der Königin: · „Dünkt es euch nun gut,
So weiß ich, wie gern es · mein lieber Vater thut,
Daß er mich zu euch ſendet · in der Heunen Land.“
Daß ſie ihr treu geſinnt war, · wie wohl Frau Kriemhild das fand!
Die Roſſe kamen aufgezäumt · vor Bechelaren an.
Als die edle Königin · Urlaub hatt empfahn
Von Rüdigers Weibe · und von der Tochter ſein,
Da ſchieden auch mit Grüßen · viel der ſchönen Mägdelein.
Sie ſahn einander ſelten · mehr nach dieſen Tagen.
Aus Medelick auf Händen · brachte man getragen
Manch ſchönes Goldgefäße · angefüllt mit Wein
Den Gäſten auf die Straße · und hieß ſie willkommen ſein.
Ein Wirth war da geſeßen, · Aſtold genannt,
Der wies ſie die Straße · ins Oeſterreicherland
Gegen Mautaren · an der Donau nieder:
Da ward viel Dienſt erboten · der reichen Königin wieder.
Der Biſchof mit Liebe · von ſeiner Nichte ſchied.
Daß ſie ſich wohl gehabe, · wie ſehr er ihr das rieth,
Und ſich Ehr erwerbe, · wie Helke einſt gethan.
Hei! was ſie großer Ehren · bald bei den Heunen gewann!
An die Traiſem kamen · die Gäſt in kurzer Zeit.
Sie zu pflegen fliß ſich · Rüdigers Geleit,
Bis daß man die Heunen · ſah reiten über Land:
Da ward der Königstochter · erſt große Ehre bekannt.
Bei der Traiſem hatte · der Fürſt von Heunenland
Eine reiche Veſte, · im Lande wohl bekannt,
Mit Namen Traiſenmauer: · einſt wohnte Helke da
Und pflag ſo hoher Milde, · als wohl nicht wieder geſchah,
Es ſei denn von Kriemhilden; · die mochte gerne geben.
Sie durfte wohl die Freude · nach ihrem Leid erleben,
Daß ihre Güte prieſen, · die Etzeln unterthan.
Das Lob ſie bei den Helden · in der Fülle bald gewann.
König Etzels Herrſchaft · war ſo weit erkannt,
Daß man zu allen Zeiten · an ſeinem Hofe fand
Die allerkühnſten Recken, · davon man je vernommen
Bei Chriſten oder Heiden; · die waren all mit ihm gekommen.
Bei ihm war allerwegen, · ſo ſieht mans nimmermehr,
So chriſtlicher Glaube · als heidniſcher Verkehr.
Wozu nach ſeiner Sitte · ſich auch ein Jeder ſchlug,
Das ſchuf des Königs Milde, · man gab doch Allen genug.