: Der Nibelunge liet 39. Âventiure // wie Gunther unde Hagene unde Kriemhilt wurden erslagen. Dô nam der hêrre Dietrîch · ſelbe ſîn gewant; // im half, daß er ſich wâfente, · der alte Hildebrant. // dô klagte alſô ſêre · der kreftige man, // daß daß hûs erdießen · von ſîner ſtimme began. // Do gewan er aber widere · rehten heldes muot. // in grimme wart gewâfenet · dô der degen guot. // einen ſchilt vil veſten · den nam er an die hant: // ſi giengen balde danne, · er unde meiſter Hildebrant. // Dô ſprach von Tronje Hagene: · „ich ſihe dort her gân // den hêrren Dietrîche: · der wil uns beſtân // nâch ſînem ſtarken leide, · daß im iſt hie geſchehen. // man ſol daß hiute kieſen, · wem man des beſten müge jehen. // „Jane dunket ſich von Berne · der hêrre Dietrîch // nie ſô ſtark des lîbes · und ſô gremlîch, // und wil erß an uns rechen, · daß im iſt getân,“ // alſô redete Hagene, · „ich getar in harte wol beſtân.“ // Diſe rede hôrte · Dietrîch und Hildebrant. // er kom, dâ er die recken · beide ſtênde vant // ûßen vor dem hûſe · geleinet an den ſal. // ſînen ſchilt den guoten · ſatzt hêr Dietrîch ze tal. // In leitlîchen ſorgen · ſprach hêr Dietrîch: // „wie habt ir ſô geworben, · Gunther, künic rîch, // wider mich ellenden? · waß het ich iu getân? // alles mînes trôſtes · des bin ich eine beſtân. // „Iuch endûhte niht der volle · an der grôßen nôt, // dô ir uns Rüedegêre · den helet ſluoget tôt: // nu habt ir mir erbunnen · aller mîner man. // jane het ich iu helden · ſolher leide niht getân. // „Gedenket an iuch ſelben · und an iuwer leit, // tôt der iuwer vriunde · und ouch diu arbeit, // ob eß iu guoten recken · beſwârt iht den muot. // ouwê, wie rehte unſanfte · mir tôt der Rüedegêres tuot! // „Eß geſchach ze dirre werlde · nie manne leider mêr. // ir gedâhtet übele · an mîn und iuwer ſêr. // ſwaß ich vreuden hête, · diu liget von iu erslagen: // ja enkan ich nimmer mêre · die mîne mâge verklagen.“ // „Jane ſî wir niht ſô ſchuldec,“ · ſprach dô Hagene. // „eß giengen ze dem hûſe · die iuwer degene // gewâfent wol ze vlîße · mit einer ſchar ſô breit. // mich dunket, daß diu mære · iu niht rehte ſint geſeit.“ // „Waß ſol ich mêr gelouben? · mir ſagt Hildebrant: // dô mîne recken gerten · von Amelunge lant, // daß ir in Rüedegêre · gæbet ûß dem ſal, // dô bütet ir niuwan ſpotten · den mînen recken her ze tal.“ // Dô ſprach der vogt von Rîne: · „ſi jâhen, wolden tragen // Rüedegêr von hinne: · den hieß ich in verſagen // Etzeln ze leide · und niht den dînen man, // unz daß dô Wolfhart · dar umbe ſchelten began.“ // Dô ſprach der helt von Berne: · „eß muoſe et alſô ſîn. // Gunther, künic edele, · durch die zühte dîn // ergetze mich der leide, · die mir ſint getân, // und ſüene eß, rîter küene, · ſô wil ich gar die ſchulde lân. // „Ergip dich mir ze gîſel, · du und dîn man: // ſô wil ich iuch behüeten, · ſo ich aller beſte kan, // daß dir hie zen Hiunen · niemen niht entuot. // du ſolt an mir niht vinden · niuwan triuwe und alleß guot.“ // „Daß enwelle Got von himele,“ · ſprach dô Hagene, // „daß ſich dir ergæben · zwêne degene, // die du ſô werlîche · noch ſiheſt gewâfent ſtân. // daß hieße ein michel ſchande · und wær ouch übele getân.“ // „Irn ſult eß niht verſprechen,“ · ſprach aber Dietrich. // „Gunther unde Hagene, · jâ habt ir beide mich // ſô ſêre beſwæret, · daß herze und ouch den muot, // und welt ir michs ergetzen, · daß irß vil billîchen tuot. // „Ich gibs iu mîne triuwe · und ſicherlîche hant, // daß ich mit iu wider heim · rîte in iuwer lant. // ich geleite iuch nâch den êren · oder ich gelige tôt // und wil durch iuch vergeßßen · der mînen grœßlîchen nôt.“ // „Nu enmuotet ſîn niht mêre,“ · ſprach aber Hagene. // „von uns enzimt daß mære · niht wol ze ſagene, // daß ſich iu ergæben · zwên alſô küene man. // nu ſiht man bî iu niemen · wan eine Hildebrande ſtân.“ // Des antwurte Hildebrant: · „iuch möhte wol gezemen // den vride mînes hêrren · ob ir den ruochtet nemen: // eß kumt noch an die ſtunde · vil lîhte in kurzer zît, // daß ir in gerne næmet · und in iu danne niemen gît.“ // „Jâ næme ich ê die ſuone,“ · ſprach ab Hagene, // „ê ich ſô leſterlîche · von eime degene // vlühe, meiſter Hildebrant, · als ir hie habt getân: // ich wânde ûf mîne triuwe, · ir kundet baß gein vînden ſtân.“ // Dô ſprach meiſter Hildebrant: · „zwiu verwîßet ir mir daß? // nu wer was, der ûfme ſchilde · vor dem Wasgenſteine ſaß, // dô im von Spâne Walther · ſô vil der mâge ſluoc? // ouch habt ir noch ze zeigen · an iu ſelben genuoc.“ // Dô ſprach der hêrre Dieterîch: · „daß enzimt niht helde lîp, // daß ſi ſuln ſchelden · ſam diu alten wîp. // ich verbiute iu, meiſter Hildebrant, · daß ir iht ſprechet mêr. // mich ellenden recken · twinget grœßlîchiu ſêr. // „Lât hœren, vriunt Hagene,“ · ſprach dô Dietrîch, // „waß ir ê redetet, · ir recken lobelîch, // dô ir mich gewâfent · zuo iu ſâhet gân? // ir jâhet, daß ir eine · mit ſtrîte woldet mich beſtân.“ // „Jane lougent iu des niemen,“ · ſprach Hagene der degen, // „ich enwelleß hie verſuochen · mit den ſtarken ſlegen, // eß enſî, daß mir zebreſte · daß Niblunges ſwert. // mir iſt zorn, daß unſer beider · hie ze gîſel iſt gegert.“ // Dô Dietrîch gehôrte · den grimmen Hagnen muot, // den ſchilt vil balde zucte · der ſnelle degen guot. // wie balde gein im Hagene · von der ſtiegen ſpranc! // Niblunges ſwert daß guote · vil lûte ûf Dietrîch erklanc. // Dô weſſe wol hêr Dieterîch, · daß der küene man // vil grimmes muotes wære: · ſchirmen im began // der hêrre von Berne · vor angeſtlîchen ſlegen. // vil wol erkander Hagenen: · er was ein ûßerwelter degen. // Ouch vorht er Balmunge, · ein wâfen ſtarc genuoc. // under wîlen Dietrîch · mit liſten wider ſluoc, // unz daß er Hagenen · mit ſtrîte doch betwanc. // er ſluog im eine wunden, · diu was tief unde lanc. // Do gedâht der hêrre Dieterîch: · „du biſt in nôt erwigen; // ich hâns lützel êre, · ſoltu nu tôt geligen. // ich wil eß ſus verſuochen, · ob ich entwingen kan // dich mir zeinem gîſel.“ · daß wart mit ſorgen getân. // Den ſchilt ließ er vallen: · ſîn ſterke diu was grôß; // Hagnen von Troneje · mit armen er beslôß. // des wart dô betwungen · von im der küene man. // Gunther der edele · dar umbe trûren began. // Hagene bant dô Dieterîch · und vuorte in, dâ er vant // die edelen küneginne, · und gab ir bî der hant // den küeniſten recken, · der ie ſwert getruoc. // nâch ir vil ſtarkem leide · dô wart ſi vrœlîch genuoc. // Vor liebe neic dem degene · daß Etzelen wîp: // „immer ſî dir ſælec · dîn herze und ouch dîn lîp. // du hâſt mich wol ergetzet · aller mîner nôt: // daß ſol ich immer dienen, · mich enſûme der tôt.“ // Dô ſprach der hêrre Dieterîch: · „ir ſult in lân geneſen, // vil edeliu küneginne. · eß mac vil wol noch weſen, // daß iuch ſîn dienſt ergetzet, · daß er iu hât getân: // er ſol des niht enkelten, · daß irn gebunden ſehet ſtân.“ // Dô hieß ſi vüeren Hagenen · an ſînen ungemach, // dâ er lac besloßßen · und dâ in niemen ſach. // Gunther der künic edele · rüefen dô began. // „war kom der helt von Berne? · der hât mir leide getân.“ // Dô gie im hin engegene · der hêrre Dietrîch. // Guntheres ellen · daß was vil lobelîch; // do enbeit ouch er niht mere, · er lief her vür den ſal. // von ir beiden ſwerten · huob ſich ein grœßlîcher ſchal. // Swie vil der hêrre Dieterîch · lange was gelobt, // Gunther was ſô ſêre · erzürnet und ertobt: // wan er nâch ſtarkem leide · dô ſîn vîent was. // man ſagt eß noch ze wunder, · daß dô hêr Dietrîch genas. // Ir ellen und ir ſterke · beide wâren grôß. // palas und türne · von ir ſlegen dôß, // dô ſi mit ſwerten hiuwen · ûf die helme guot. // eß hete der künic Gunther · einen hêrlîchen muot. // Sît twanc in der von Berne, · als Hagnen ê geſchach. // daß bluot man durch die ringe · dem helde vließen ſach // von einem ſtarken ſwerte, · daß truoc hêr Dietrîch. // doch het gewert hêr Gunther · nâch müede loblîchen ſich. // Der hêrre wart gebunden · von Dietrîches hant, // ſwie künege niene ſolden · lîden ſolhiu bant. // er dâht, ob er ſi ließe, · den künec und ſînen man, // alle, die ſi vünden, · die müeſen tôt vor in beſtân. // Dietrîch von Berne · der nam in bî der hant: // dô vuorte er in gebunden, · da er Kriemhilde vant. // dô was mit ſîme leide · ir ſorge ein teil benomen. // ſi ſprach: „künic Gunther, · ſît mir grôße willekomen.“ // Er ſprach: „ich ſold iu nîgen, · vil edel ſweſter mîn, // ob iuwer grüeßen mehte · genædeclîcher ſîn. // ich weiß iuch, küneginne, · ſô zornec gemuot, // daß ir mich und Hagenen · vil ſwacheß grüeßen getuot.“ // Dô ſprach der helt von Berne: · „vil edel küneges wîp, // eß enwart nie gîſel mêre · ſô guoter rîter lîp, // als ich iu, vrouwe hêre, · an in gegeben hân. // nu ſolt ir die ellenden · mîn vil wol genießen lân.“ // Si jach, ſi tæte eß gerne. · dô gie hêr Dietrîch // mit weinenden ougen · von den helden lobelîch. // ſît rach ſich grimmeclîche · daß Etzelen wîp: // den ûß erwelten degenen · nam ſi beiden den lîp. // Si lie ſi ligen ſunder · durch ir ungemach, // daß ir ſît dewedere · den andern nie geſach. // unz ſi ir bruder houbet · hin vür Hagenen truoc. // der Kriemhilde râche · wart an in beiden genuoc. // Dô gie diu küneginne, · dâ ſi Hagnen ſach; // wie rehte vîntlîche · ſi zuo dem recken ſprach: // „welt ir mir geben widere, · daß ir mir habt genomen, // ſô megt ir noch wol lebende · heim zuo den Burgunden komen.“ // Dô ſprach der grimme Hagene: · „diu rede iſt gar verlorn, // vil edeliu küneginne. · jâ hân ich des geſworn, // daß ich den hort iht zeige: · die wîle daß ſi leben, // deheiner mîner hêrren, · ſo enwirt er nieman gegeben.“ // „Ich bringeß an ein ende,“ · ſô ſprach daß edel wîp. // dô hieß ſi ir bruoder · nemen dâ den lîp. // man ſluoc im ab daß houbet: · bî hâre ſi eß truoc // vür den helt von Troneje: · dô wart im leide genuoc. // Alſô der ungemuote · ſîns hêrren houbet ſach, // widre Kriemhilde · dô der recke ſprach: // „du hâſt eß zeinem ende · nâch dîme willen brâht, // und iſt ouch rehte ergangen, · als ich mir hête gedâht. // „Nu iſt von Burgunde · der edel künic tôt, // Gîſelher der junge · und ouch Gêrnôt. // den ſchatz weiß nu nieman · wan Got unde mîn: // der ſol dich vâlentinne · immer gar verholn ſîn.“ // Si ſprach: „ſô habt ir übele · geltes mich gewert; // ſô wil ich doch behalten · daß Sîvrides ſwert. // daß truoc mîn holder vriedel, · dô ich in jungiſt ſach, // an dem mir herzen leide · vor allem leide geſchach.“ // Si zôch eß von der ſcheide: · daß kunder niht erwern. // dô dâhte ſi den recken · des lebenes behern. // ſi huob eß mit ir handen, · daß houbet ſi im abe ſluoc. // daß ſach der künic Etzele: · dô was im leide genuoc. // „Wâfen,“ ſprach der vürſte, · „wie iſt nu tôt gelegen // von eines wîbes handen · der aller beſte degen, // der ie kom ze ſturme · oder ie ſchilt getruoc! // ſwie vîent ich im wære, · eß iſt mir leide genuoc.“ // Dô ſprach meiſter Hildebrant: · „ja geniußet ſi es niht, // daß ſi in ſlahen torſte; · ſwaß halt mir geſchiht, // ſwie er mich ſelben brâhte · in angeſtlîche nôt, // iedoch ſô wil ich rechen · des küenen Tronjæres tôt.“ // Hildebrand mit zorne · ze Kriemhilde ſpranc: // er ſluoc der küneginne · eines ſwertes ſwanc. // jâ tet ir diu ſorge · von dem degene wê; // waß maht ſi gehelfen, · daß ſi vil grœßlîchen ſchrê? // Dô was gelegen über al · dâ der veigen lîp: // ze ſtucken lac gehouwen · dô daß edel wîp. // Etzel unde Dietrîch · weinen dô began: // ſi klageten jæmerlîche · beide mâge unde man. // Diu vil mîchel êre · was dâ gelegen tôt: // die liute heten alle · jâmer unde nôt. // mit leide was verendet · des küneges hôhgezît, // als ie diu liebe leide · an dem ende gerne gît. // Ine kan iu niht beſcheiden, · waß ſider dâ geſchach, // wan kriſten unde heiden · weinen man dâ ſach, // wîb unde knehte · und manege ſchœne meit: // die heten nâch ir vriunden · diu allergrœßiſten leit. // Ine ſage iu nu niht mêre · von der grôßen nôt; // die dâ erslagen wâren, · die lâßen ligen tot — // wie ir dinc aneviengen · ſît der Hiunen diet, // hie hât daß mære ein ende: · daß iſt {der Nibelunge liet}. // * * * * * [Statt der letzten fünf Strophen hat b folgende ſechs, die beiden letzten übereinſtimmend mit A.] Hilprant mit zorne · ze Kriemhilden ſpranc. // er ſluoc der küneginne · einen ſwæren ſwertes ſwanc, // enmitten dâ der borte · ir den lîp het umbegeben. // dô muoſe diu küneginne · verlieſen dâ ir werdeß leben. // Daß ſwert daß ſneit ſô drâte, · daß ſi ſîn niht enphant, // daß ſi het gerüeret · unſanft; ſi ſprach zehant: // „dîn wâfen iſt verplawen: · du ſolteß von dir legen; // eß zimt niht wol ze tragene · eim als zierlîchen degen.“ // Dô zôch er von dem vinger · einen rinc rôt guldîn; // er warf in ir vor die vüeße: · „hebt ir daß vingerlîn // ûf von der erden, · ſô habt ir wâr, edel wîp.“ // ſi neic ſich nâch dem golde: · dô viel entzwei ir werder lîp. // Nu iſt ouch gelegen Kriemhilt, · ouwê der nôt: // wie rehte gar unmüeßec · was dâ der tôt! // Dietrîch und Etzel · ſêre weinen dô began: // ſi klagten inneclîche · beide wîp unde man. // Diu vil michel êre · was dâ gelegen tôt. // die liute heten alle · jâmer unde nôt. // mit leide was verendet · des küneges hôchzît, // als ie diu liebe leide · ze aller jungiſte gît. // Ich enkan iu niht beſcheiden, · waß ſider dâ geſchach, // wan rîter unde knehte · weinen man dâ ſach, // dar zuo die edeln knehte, · ir lieben vriunde tôt. // hie hât daß mær ein ende: · ditze iſt {der Nibelunge nôt}. //