: Der Nibelunge liet 28. Âventiure // wie Kriemhilt Hagene enphie. Dô die Burgunden · kômen ûf daß velt, // ûf ſluoc man drî künegen · ſô hêrlîch gezelt. // ſi ſtießen ûf ir vanen, · die wârn von golde rôt. // dô weſſen niht die hêrren, · daß in ſô nâhent was der tôt. // Dô gienc diu vrouwe Kriemhilt · an ein zinnen ſtân, // dô ſach ſi ûf dem velde · rîten manegen man. // des vreut ſich tougenlîchen · daß wunderſchœne wîp: // „alrêrſt ſô wirt gerochen · des küenen Sîvrides lîp, // „Der mir ſô mortlîchen · ze tôde wart erslagen; // unz an mîn ende kan ich · in nimmer mê verklagen. // ouwê der grôßen êre, · die ich verloren hân; // eß gelac an vrouwen arme · nie ſô tugenthafter man. // „Sîn vil grôße tugende · macht mir herzeleit: // ſwenne ich dar an gedenke, · als er von mir reit // mit ſô gar geſundem lîp, · ſô mêrt ſich mîn klage: // mir darf niemen wîßen, · ſwaß ich grôßes leides trage. // „Got het mir in zeinem man · ûß aller welt erkorn. // wær tûſent manne tugende · an einem man geborn, // dannoch was ir mêre, · die Sîvrit eine truoc.“ // diu vrouwe klagt vil ſêre, · zuo dem herzen ſi ſich ſluoc. // Schier wurden dem Bernære · diu mære kunt getân. // dô ſach man in vil drâte · über den hof gân, // mit im Hilpranden · nâch rîterlîchen ſiten: // „vil edeliu küneginne, · daß ſult ir lâßen vermiten, // „Daß man iuch ſiht weinen · zuo dirre hôhgezît. // und habt her beſendet · ûß vremden landen wît // vil manegen werden recken · und manegen biderben man: // daß man iuch ſiht weinen, · daß ſtêt iu vil übel an.“ // „Ich mane dich dîner triuwe,“ · ſprach ſi, „hêr Hildebrant, // ob du ie gâbe enphienge · von mîner gebenden hant, // ſô rich mich an Hagene: · jâ gib ich dir mîn golt // und bin mit guoten triuwen · unz an mîn ende dir holt.“ // Dô ſprach der Bernære: · „ir ſît ein übel wîp, // daß ir iuwern mâgen · râtent an den lîp // und habt ſô manegen boten · ze Rîne nâch in geſant: // ſô ſint ſi iu komen ze hûſe · mit vil werlîcher hant. // „Neinâ, hêrre Hildebrant, · ſô liep ich iu ſî, // nu enphâch mir von dem Rîne · die künege alle drî // und heiß ſi ligen ze velde, · unz ſô eß werde tac, // ſô warne ich ſi mit triuwe · des aller beſten, ſô ich mac.“ // Hart gezogenlîchen · reit meiſter Hildebrant, // dâ er die drî künege · von dem Rîne vant: // er enbeißt vil rîterlîchen · und lie ſich ûf diu knie, // daß er die drî künege · von dem Rîne dâ enphie; // „Bis willekomen hêr Gunther, · künic von dem Rîn: // ſam ſî hêr Gêrnôt, · der liebe bruoder dîn, // und Gîſelher der junge · und Hagen ein ſtarker man // und manec ſneller recke, · der ich aller niht genennen kan. // „Iu enpiut der Bernære, · der liebe hêrre mîn, // vriuntſchaft und hulde · und ganzen dieneſt ſîn // und heißt iuch ligen ze velde, · unz eß werde tac: // ſô warnt er iuch mit triuwen · des aller beſten, ſô er mac. // „Got müeße iuch behüeten · vor aller ſlahte nôt: // vor vierthalbem jâre · was iu bereit der tôt. // eß hat iur ſweſter Kriemhilt · geſworn vil manegen eit, // daß ſi an iu wil rechen · ir vil grôßiu herzeleit. // „Er enpiut iu, daß ir mîdet, · als lieb iu ſî daß leben, // daß niuwe hûs bî der Tuonouwe · iſt iu herberge geben: // daß ſult ir mir gelouben, · und kœme iur dar ein her, // ir müeſtent al erſterben · und kœm iur keiner ze wer. // „Dâ ligent in drî rôre, · diu ſint innân hol, // diu ſint geworht ſchône · mit ſwebel und mit kol: // diu ſol man anzünden, · ſô die diſche ſint bereit. // dâ vor ſolt ir iuch hüeten, · ir ſtolzen helde vil gemeint.“ // Des erſchrac der künic ſêre, · diu rede was im leit. // „nu lôn dir Got, Hildebrant, · daß du uns hâſt geſeit, // daß du hâſt gewarnet · uns ellende man: // ich ſich, wir hie zen Hiunen · lützel triuwe vunden hân.“ // Des erlachten die jungen · und hielten eß vür ſpot. // dô ſprâchen die wîſen: · „dâ vor behüete uns Got. // wir ſîn durch grôße triuwe · geriten in daß lant; // ſi hât vil manegen boten · hin nâch uns ze Rîne geſant.“ // Nu ſprach gezogenlîche · der hêrre Gêrnôt: // „uns hât mîn ſweſter Kriemhilt · geladen in den tôt. // wir ſîn durch grôße triuwe · geriten zuo der ſtat, // wan uns mîn ſchœne ſweſter · von dem Rîn ze hûſe bat.“ // Dô ſprach der videlære, · der küene Volkêr: // „ich bin von dem Rîne · durch gâbe geriten her. // des wil ich mich verßîhen,“ · ſô ſprach der ſpilman; // „ich videle mit dem ſwerte · daß allerbeſte, daß ich kan. // „Ich erzeige in mîne dœne, · ſi müeßen ûf hôher ſtân: // und welnt ſi niht erwinden, · eß mac in ſô ergân, // ich ſlahe in eteslîchem · einen ſwinden gîgenslac, // und hât er liebe mâge, · daß er eß wol klagen mac.“ // Dô Hildebrant der alte · wolte dannen gân, // Gîſelher der junge · bat in ſtille ſtân: // er gab im einen mantel, · den er im zêren truoc: // vür drîßec marc goldes · hete er phandes genuoc. // Dô zim genam den mantel · meiſter Hildebrant, // er reit gezogenlîchen, · da er den von Berne vant: // „ſeht den rîchen mantel, · den ich an mir hân, // den gap mir Gîſelher der junge, · dâ ich von im wolde gân.“ // Dô die Burgunden · kômen in daß lant, // do gevrieſch eß von Berne · der alte Hildebrant. // er ſeite eß ſîme hêrren; · eß was im harte leit: // er bat in wol enphâhen · die rîter küene und gemeit. // Wolfhart der ſnelle · hieß bringen diu marc. // dô reit mit Dietrîche · vil manec degen ſtarc, // dâ er ſi grüeßen wolde, · zuo in an daß velt. // dâ hetens ûf gebunden · vil manec hêrlîch gezelt. // Dô ſi von Tronje Hagene · verriſt rîten ſach, // zuo den ſînen hêrren · gezogenlîch er ſprach: // „nu ſult ir ſnelle recken · von dem ſedele ſtân // und gêt in hin enkegene, · die iuch hie wellent enphân. // „Dort kumt ein hergeſinde, · daß iſt mir wol bekant. // eß ſint vil ſnelle degene · von Amelunge lant. // ſi vüeret der von Berne: · ſi ſint vil hôch gemuot. // nu lât iu niht verſmâhen, · ſwaß man iu dieneſt getuot.“ // Dô ſtuonden von den roſſen, · daß was michel reht, // neben Dietrîche · manc rîter unde kneht. // ſi giengen zuo den geſten, · dâ man die helde vant: // ſi gruoßten minneclîche · die von Burgunden lant. // Dô ſi der hêrre Dietrîch · gên im komen ſach, // lieb unde leide · im dar an geſchach. // er weſte wol diu mære, · ir reiſe was im leit; // er wânde, eß weſte Rüedegêr, · daß erß in hête geſeit. // „Sît willekomen, ir hêrren, · Gunther und Gîſelher, // Gêrnôt unde Hagene; · ſam ſî hêr Volkêr // und Dancwart der ſnelle. · iſt iu daß niht bekant? // Kriemhilt noch ſêre weinet · den helt von Niblunge lant.“ // „Si mac vil lange weinen,“ · ſprach dô Hagene: // „er lît vor manegem jâre · ze tôde erslagene. // den künic von den Hiunen · ſol ſi nu holden haben: // Sîvrit kumt niht widere, · er iſt nu lange begraben.“ // „Die Sîvrides wunden · lâßen wir nu ſtên: // ſol leben mîn vrou Kriemhilt, · ſô mac ſchade ergên.“ // ſô redete von Berne · der hêrre Dietrich. // „trôſt der Niblunge, · dâ vor behüete du dich.“ // „Wie ſol ich mich behüeten?“ · ſprach der künic hêr. // „Etzel uns boten ſande, · waß ſold ich vrâgen mêr? // daß wir zuo im ſolden · rîten in daß lant: // ouch hât uns manec mære · mîn ſweſter Kriemhilt geſant.“ // „Sô wil ich iu gerâten,“ · ſprach aber Hagene, // „bitet iu diu mære · baß ze ſagene // den hêrren Dietrîchen · und ſîne helde guot, // daß ſi iuch lâßen wißßen · der vrouwen Kriemhilde muot.“ // Dô giengen ſunder ſprâchen · die drî künege rîch, // Gunther unde Gêrnôt · und ouch hêr Dietrîch. // „nu ſag uns, von Berne · vil edel rîter guot, // wie dir ſî gewißßen · umb der küneginne muot.“ // Dô ſprach der vogt von Berne: · „waß ſol ich iu ſagen? // wan daß ich alle morgen · weinen hœr unt klagen // mit jæmerlîchen ſinnen · daß Etzelen wîp // dem rîchen Got von himele · des ſtarken Sîvrides lîp.“ // „Eß iſt et unerwendet,“ · ſprach der küene man, // Volkêr der videlære, · „daß wir vernomen hân. // wir ſuln ze hove rîten · und ſuln daß beſehen, // waß uns ſnellen degenen · müge zen Hiunen geſchehen.“ // Die küenen Burgunden · hin ze hove riten: // ſi kômen hêrlîchen · nâch ir landes ſiten. // dô wundert dâ zen Hiunen · vil manegen küenen man // umb Hagnen von Troneje, · wie der wære getân. // Durch daß man ſeite mære, · des was im genuoc, // daß er von Niderlanden · Sîvriden ſluoc, // ſterkeſt aller recken, · vroun Kriemhilde man: // des wart michel vrâgen · ze hove nâch Hagenen getân. // Der helt was wol gewahſen, · daß iſt alwâr, // grôß was er zen brüſten, · gemiſchet was ſîn hâr // mit einer grîſen varwe, · diu bein wârn im lanc, // eislîch ſîn geſiune, · er hete hêrlîchen ganc. // Dô hieß man herbergen · die Burgunden man. // Gunthers geſinde · wart geſundert dan. // daß riet diu küneginne, · diu im vil haßßes truoc: // dâ von man ſît die knehte · an der herberge ſluoc. // Dancwart, Hagenen bruoder, · der was marſchalch; // der künec im ſîn geſinde · vlîßeclîch bevalch, // daß er ir volleclîche · mit ſpîſe ſolde phlegen. // daß tet dô willeclîche · mit triuwe der vil küene degen. // Kriemhilt diu ſchœne · mit ir geſinde gie, // dâ ſi die Niblunge · mit valſchem muote enphie. // ſi kuſte Gîſelheren · und nam in bî der hant. // daß ſach von Tronje Hagene: · den helm er veſter gebant. // „Nâch ſus getânem gruoße,“ · ſô ſprach Hagene, // „mugen ſich verdenken · ſnelle degene; // man grüeßet ſunderlîchen · die künege und ir man: // wir haben niht guoter reiſe · zuo dirre hôhzît getân.“ // Si ſprach: „nu ſît willekomen, · ſwem iuch gerne ſiht: // durch iuwer ſelbes vriuntſchaft · grüeße ich iuch niht. // ſaget, waß ir mir bringet · von Wormeß über Rîn, // dar umbe ir mir ſô grôße · ſoldet willekomen ſîn?“ // „Waß ſint diſiu mære,“ · ſprach dô Hagene, // „daß iu gâbe ſolden · bringen degene? // ich wære wol ſô rîche, · het ich mich baß verdâht, // daß ich iu mîne gâbe · her zen Hiunen hete brâht.“ // „Nu ſult ir mich der mære · mêre wißßen lân, // hort der Niblunge, · war habt ir den getân? // der was doch mîn eigen: · daß iſt iu wol bekant: // den ſoldet ir mir bringen · in daß Etzelen lant.“ // „Entriuwen, mîn vrou Kriemhilt, · des iſt manec tac, // daß ich der Niblunge · hortes nie gephlac. // den hießen mîne hêrren · ſenken in den Rîn: // dâ muoß er wærlîche · unz an daß jungiſte ſîn.“ // Dô ſprach diu küneginne: · „ich hâns ouch wol gedâht. // ir habt mirs noch vil kleine · her ze lande brâht, // ſwie er mîn eigen wære · und ich ſîn wîlent phlac; // nach im und ſîme hêrren · hân ich manegen leiden tac.“ // „Ich bringe iu den tiuvel,“ · ſprach aber Hagene, // „ich hân an mîme ſchilde · ſô vil ze tragene // und an mîner brünne: · mîn helme der iſt lieht, // daß ſwert an mîner hende: · des enbringe ich iu niht.“ // „Jane rede ichß niht dar umbe, · deich mêre goldes welle gern. // ich hâns ſô vil ze gebene, · deich iuwer gâbe mac enbern. // ein mort und zwêne roube · die mir ſint genomen, // des möhte ich vil arme · noch ze liebem gelte komen.“ // Dô ſprach diu küneginne · zen recken über al: // „man ſol deheiniu wâfen · tragen in den ſal; // ir helde, ir ſult mirs ûf geben: · ich wils behalten lân.“ // „entriuwen,“ ſprach dô Hagene, · „daß wirdet nimmer getân. // „Jane ger ich niht der êren, · vürſten tohter milt, // daß ir zen herbergen · traget mînen ſchilt // und ander mîn gewæfen. · ir ſît ein künegîn. // daß enlêrte mich mîn vater niht: · ich wil ſelbe kamerære ſîn.“ // „Ouwê mîner leide,“ · ſprach vrou Kriemhilt: // „war umbe wil mîn bruoder · und Hagne ſînen ſchilt // niht lâßen behalten? · ſi ſint gewarnôt. // und weſſe ich, wer daß tæte, · ich riete im immer ſînen tôt.“ // Des antwurte ir mit zorne · der hêrre Dietrîch: // „ich binß, der hât gewarnet · die edelen vürſten rîch // und Hagnen den küenen, · den Burgunden man. // nu zuo, vâlandinne, · du ſolt michs niht genießen lân.“ // Des ſchamte ſich vil ſêre · daß Etzelen wîp: // ſi vorhte bitterlîchen · Dietrîches lîp. // ſi gie von im balde, · daß ſi niht enſprach, // wan daß ſi ſwinde blicke · an ir vîende ſach. // Bî henden ſich dô viengen · zwêne degene: // daß eine was hêr Dietrîch, · daß ander Hagene. // dô ſprach gezogenlîchen · der recke vil gemeit: // „iur komen ze den Hiunen · iſt mir wærlîchen leit, // „Durch daß diu küneginne · alſô geſprochen hât.“ // dô ſprach von Troneje Hagen: · „des wirt wol alles rât.“ // ſus reiten mit ein ander · die zwêne küene man. // daß ſach der künic Etzel; · dar umbe er vrâgen began: // „Diu mære ich weſte gerne,“ · ſprach der künic rîch, // „wer jener recke wære, · den dort hêr Dietrîch // ſô vriuntlîch enphâhet. · er treit vil hôhen muot: // ſwer ſîn vater wære, · er mac wol ſîn ein recke guot.“ // Des antwurte dem künege · ein Kriemhilde man: // „er iſt geborn von Troneje, · ſîn vater hieß Aldrîân. // ſwie blîde er hie gebâre, · er iſt ein grimmec man: // ich lâß iuch daß beſchouwen, · daß ich gelogen niene hân.“ // „Wie ſol ich daß erkennen, · daß er ſô grimmec iſt?“ // dannoch er niht weſte · ſô manegen argen liſt, // den ſît diu küneginne · an ir mâgen begie, // daß ſi ir nie deheinen · von den Hiunen komen lie. // „Wol erkande ich Hagenen: · wan er was mîn man. // lop und michel êre · er hie bî mir gewan. // ich machte in ze rîter · und gab im mîn golt. // durch daß er getriuwe was, · des muoſe ich im weſen holt. // „Dâ von ich wol erkenne · alleß Hagnen ſint. // eß wâren mîne gîſel · zwei wætlîchiu kint, // er und von Spâne Walther: · die wuohſen hie ze man. // Hagne ſand ich wider heim; · Walther mit Hiltegunde entran.“ // Er gedâhte lieber mære, · diu wâren ê geſchehen. // ſînen vriunt von Troneje · hete er reht erſehen, // der im in ſîner jugende · vil ſtarkiu dieneſt bôt; // ſît vrumt er im in alter · vil manegen lieben vriunt tôt. // 29. Âventiure // wie Hagene und Volkêr vor Kriemhilde ſal ſâßen.