Als ich noch in türkiſchen Dienſten war, beluſtigte ich mich öfters in einer Luſt-Barke auf dem Mare di Marmora, von wo aus man die herrlichſte Ausſicht auf ganz Conſtantinopel, das Seraglio des Groß-Sultans mit eingeſchloſſen, beherrſchet. Eines Morgens, als ich die Schönheit und Heiterkeit des Himmels betrachtete, bemerkte ich ein rundes Ding, ohngefähr wie eine Billard-Kugel groß, in der Luft, von welchem noch etwas anderes herunter hing. Ich griff ſogleich nach meiner beſten und längſten Vogelflinte, ohne welche, wenn ichs ändern kann, ich niemals ausgehe, oder ausreiſe, lud ſie mit einer Kugel und feuerte nach dem runden Dinge in der Luft; allein umſonſt. Ich wiederhohlte den Schuß mit zwey Kugeln, richtete aber noch nichts aus. Erſt der dritte Schuß, mit vier oder fünf Kugeln machte an einer Seite ein Loch und brachte das Ding herab. Stellen Sie ſich meine Verwunderung vor, als ein niedlich vergoldeter Wagen, hängend in einem ungeheuern Ballon, größer als die größte Thurm-Kuppel im Umfange, ohngefähr zwey Klafter weit von meiner Barke herunter ſank. In dem Wagen befand ſich ein Mann und ein halbes Schaf, welches gebraten zu ſeyn ſchien. Sobald ſich mein erſtes Erſtaunen gelegt hatte, ſchloß ich mit meinen Leuten um dieſe ſeltſame Gruppe einen dichten Kreis.
Dem Manne, der wie ein Franzoſe ausſah, welches er denn auch war, hingen aus jeder Taſche ein Paar prächtige Uhrketten mit Berlocken, worauf, wie mich dünkt, große Herren und Damen abgemahlt waren. Aus jedem Knopfloche hing ihm eine goldene Medaille, wenigſtens hundert Ducaten am Werth, und an jeglichem ſeiner Finger ſteckte ein koſtbarer Ring mit Brillanten. Seine Rocktaſchen waren mit vollen Goldbörſen beſchwehrt, die ihn faſt zur Erde zogen. Mein Gott, dachte ich, der Mann muß dem menſchlichen Geſchlechte außerordentlich wichtige Dienſte geleiſtet haben, daß die großen Herren und Damen, ganz wider ihre heutzutage ſo allgemeine Knicker-Natur, ihn ſo mit Geſchenken, die es zu ſeyn ſchienen, beſchwehren konnten. Bey allen dem befand er ſich denn doch gegenwärtig von dem Falle ſo übel, daß er kaum im Stande war, ein Wort hervorzubringen. Nach einiger Zeit erhohlte er ſich wieder, und ſtattete mir folgenden Bericht ab. „Dieſes Luftfuhrwerk hatte ich zwar nicht Kopf und Wiſſenſchaft genug ſelbſt zu erfinden, dennoch aber mehr denn überflüßige Luftſpringer- und Seiltänzer-Waghalſigkeit zu beſteigen, und darauf mehrmalen in die Luft empor zu fahren. Vor ohngefähr ſieben oder acht Tagen — denn ich habe meine Rechnung verlohren — erhob ich mich damit auf der Landſpitze von Cornwall in England und nahm ein Schaf mit, um von oben herab vor den Augen vieler tauſend Nachgaffer Kunſtſtücke damit zu machen. Unglücklicher Weiſe drehete ſich der Wind innerhalb zehen Minuten nach meinem Hinaufſteigen; und anſtatt mich nach Exeter zu treiben, wo ich wieder zu landen gedachte, ward ich hinaus nach der See getrieben, über welcher ich auch vermuthlich die ganze Zeit her in der unermeßlichſten Höhe geſchwebet habe.
Es war gut, daß ich zu meinem Kunſtſtückchen mit dem Schafe nicht hatte gelangen können. Denn am dritten Tage meiner Luftfahrt, wurde mein Hunger ſo groß, daß ich mich genöthigt ſah, das Schaf zu ſchlachten. Als ich nun damals unendlich hoch über dem Monde war, und nach einer ſechzehnſtündigen noch weitern Auffahrt endlich der Sonne ſo nahe kam, daß ich mir die Augenbrauen verſengte, ſo legte ich das todte Schaf, nachdem ich es vorher abgehäutet, an denjenigen Ort im Wagen, wo die Sonne die meiſte Kraft hatte, oder mit andern Worten, wo der Ballon keinen Schatten hinwarf, auf welche Weiſe es denn in ohngefähr drey Viertel Stunden völlig gar briet. Von dieſem Braten habe ich die ganze Zeit her gelebt“ — Hier hielt mein Mann ein, und ſchien ſich in Betrachtung der Gegenſtände um ihn her zu vertiefen. Als ich ihm ſagte, daß die Gebäude da vor uns das Seraglio des Großherrn zu Conſtantinopel wären, ſo ſchien er außerordentlich beſtürzt, indem er ſich ganz wo anders zu befinden geglaubt hatte. „Die Urſache meines langen Fluges, fügte er endlich hinzu, war, daß mir ein Faden zerriß, der an einer Klappe in dem Luftballe ſaß, und dazu diente, die inflammable Luft herauszulaſſen. Wäre nun nicht auf den Ball gefeuert und derſelbe dadurch aufgeriſſen worden, ſo möchte er wohl, wie Mahomet, bis an den jüngſten Tag zwiſchen Himmel und Erde geſchwebt haben.“ Den Wagen ſchenkte er hierauf großmüthig meinem Bootsmanne, der hinten am Steuer ſtand. Den Hamelsbraten warf er ins Meer. Was aber den Luftball anlangte, ſo war der von dem Schaden, welchen ich ihm zugefügt hatte, im herabfallen vollends ganz und gar zu Stücken zerriſſen.