Die Heimathloſen hatten · am Morgen viel gethan.
Der Gemahl Gotlindens · kam zu Hof heran
Und ſah auf beiden Seiten · des großen Leids Beſchwer:
Darüber weinte inniglich · der getreue Rüdiger.
„O weh, daß ich das Leben,“ · ſprach der Held, „gewann
Und dieſem großen Jammer · nun Niemand wehren kann.
So gern ich Frieden ſchüfe, · der König gehts nicht ein,
Da ihm das Unheil ſtärker, · immer ſtärker bricht herein.“
Zu Dietrichen ſandte · der gute Rüdiger,
Ob ſie's noch könnten wenden · von den Köngen hehr?
Da entbot ihm Der von Berne: · „Wer möcht ihm widerſtehn?
Es will der König Etzel · keine Sühne mehr ſehn.“
Da ſah ein Heunenrecke · Rüdigern da ſtehn
Mit weinenden Augen, · wie er ihn oft geſehn.
Er ſprach zu der Königin: · „Nun ſeht, wie er da ſteht
Den ihr und König Etzel · vor allen Andern habt erhöht
„Und dem doch alles dienet, · die Leute wie das Land.
Wie ſind ſo viel der Burgen · an Rüdigern gewandt,
Deren er ſo manche · von dem König haben mag!
Er ſchlug in dieſen Stürmen · noch keinen löblichen Schlag.
„Mich dünkt, ihn kümmert wenig, · was hier mit uns geſchieht,
Wenn er nach ſeinem Willen · bei ſich die Fülle ſieht.
Man rühmt, er wäre kühner, · als Jemand möge ſein:
Das hat uns ſchlecht bewieſen · in dieſer Noth der Augenſchein.“
Mit traurigem Muthe · der vielgetreue Mann,
Den er ſo reden hörte, · den Heunen ſah, er an.
Er dachte: „Das entgiltſt du; · du ſagſt, ich ſei verzagt:
Da haſt du deine Mären · zu laut bei Hofe geſagt.“
Er zwang die Fauſt zuſammen: · da lief er ihn an
Und ſchlug mit ſolchen Kräften · den Heuniſchen Mann,
Daß er ihm vor die Füße · niederſtürzte todt.
Da war gemehrt aufs Neue · dem König Etzel die Noth.
„Fahr hin, verzagter Böſewicht,“ · ſprach da Rüdiger,
„Ich hatte doch des Leides · genug und der Beſchwer.
Daß ich hier nicht fechte, · was rügſt du mir das?
Wohl trüg auch ich den Gäſten · mit Grunde feindlichen Haſs,
„Und alles, was ich könnte, · thät ich ihnen an,
Hätt ich nicht hieher geführt · Die Gunthern unterthan.
Ich war ihr Geleite · in meines Herren Land:
Drum darf ſie nicht beſtreiten · meine unſelge Hand.“
Da ſprach zum Markgrafen · Etzel der König hehr:
„Wie habt ihr uns geholfen, · viel edler Rüdiger!
Wir hatten doch der Todten · ſo viel in dieſem Land,
Daß wir nicht mehr bedurften: mit Unrecht ſchlug ihn eure Hand.“
Da ſprach der edle Ritter: · „Er beſchwerte mir den Muth
Und hat mir beſcholten · die Ehre wie das Gut,
Des ich aus deinen Händen · ſo große Gaben nahm,
Was nun dem Lügenbolde · übel auch zu Statten kam.“
Da kam die Königstochter, · die hatt es auch geſehn,
Was von des Helden Zorne · dem Heunen war geſchehn.
Sie beklagt' es ungefüge, · ihre Augen wurden naß.
Sie ſprach zu Rüdigern: · Wie verdienten wir das,
„Daß ihr mir und dem König · noch mehrt unſer Leid?
Ihr habt uns, edler Rüdiger, · verheißen allezeit,
Ihr wolltet für uns wagen · die Ehre wie das Leben;
Auch hört ich viel der Recken · den Preis des Muthes euch geben.“
„Ich mahn euch nun der Treue, · die mir ſchwur eure Hand,
Da ihr mir zu Etzeln riethet, · Ritter auserkannt,
Daß ihr mir dienen wolltet · bis an unſern Tod.
Des war mir armen Weibe · noch niemals ſo bitter Noth.“
„Das kann ich nicht läugnen, · ich ſchwur euch, Königin,
Die Ehre wie das Leben · gäb ich für euch dahin:
Die Seele zu verlieren · hab ich nicht geſchworen.
Zu dieſem Hofgelage · bracht ich die Fürſten wohlgeboren.“
Sie ſprach: „Gedenke, Rüdiger, · der hohen Eide dein
Von deiner ſtäten Treue, · wie du den Schaden mein
Immer wollteſt rächen · und wenden all mein Leid.“
Der Markgraf entgegnete: „Ich war euch ſtäts zu Dienſt bereit.“
Etzel der reiche · hub auch zu flehen an.
Da warfen ſie ſich beide · zu Füßen vor den Mann.
Den guten Markgrafen · man da in Kummer ſah;
Der vielgetreue Recke · jammervoll begann er da:
„O weh mir Unſelgem, · muß ich den Tag erleben!
Aller meiner Ehren · ſoll ich mich nun begeben,
Aller Zucht und Treue, · die Gott mir gebot;
O weh, Herr des Himmels, · daß mirs nicht wenden will der Tod!
„Welches ich nun laße, · das Andre zu begehn,
So iſt doch immer übel · und arg von mir geſchehn.
Was ich thu und laße, · ſo ſchilt mich alle Welt.
Nun möge mich erleuchten, · der mich dem Leben geſellt!“
Da baten ihn ſo dringend · der König und ſein Weib,
Daß bald viel Degen muſten · Leben und Leib
Von Rüdgers Hand verlieren · und ſelbſt Der Held erſtarb.
Nun mögt ihr bald vernehmen, · welchen Jammer er erwarb.
Er wuſte wohl nur Schaden · und Leid ſei ſein Gewinn.
Er hätt es auch dem König · und der Königin
Gern verſagen wollen: · der Held beſorgte ſehr,
Erſchlug er ihrer Einen, · daß er der Welt ein Greuel wär.
Da ſprach zu dem Könige · dieſer kühne Mann:
„Herr Etzel, nehmt zurücke, · was ich von euch gewann,
Das Land mit den Burgen; · bei mir ſoll nichts beſtehn:
Ich will auf meinen Füßen · hinaus in das Elend gehn.
„Alles Gutes ledig · räum ich euer Land,
Mein Weib und meine Tochter · nehm ich an die Hand,
Eh ich ſo ohne Treue · entgegen geh dem Tod:
Das hieß' auf üble Weiſe · verdienen euer Gold ſo roth.“
Da ſprach der König Etzel: · „Wer aber hülfe mir?
Mein Land mit den Leuten, · das alles geb ich dir,
Daß du mich rächeſt, Rüdiger, · an den Feinden mein:
Du ſollſt neben Etzeln · ein gewaltger König ſein.“
Da ſprach wieder Rüdiger: · „Wie dürft ich ihnen ſchaden?
Heim zu meinem Hauſe · hab ich ſie geladen;
Trinken und Speiſe · ich ihnen gütlich bot,
Dazu meine Gabe; · und ſoll ich ſie nun ſchlagen todt?
„Die Leute mögen wähnen, · ich ſei zu verzagt.
Keiner meiner Dienſte · war ihnen je verſagt:
Sollt ich ſie nun bekämpfen, · das wär nicht wohl gethan.
So reute mich die Freundſchaft, · die ich an ihnen gewann.
„Geiſelher dem Degen · gab ich die Tochter mein:
Sie konnt auf Erden nimmer · beßer verwendet ſein,
Seh ich auf Zucht und Ehre, · auf Treu oder Gut.
Nie ein ſo junger König · trug wohl tugendreichern Muth.“
Da ſprach wieder Kriemhild: · „Viel edler Rüdiger,
Nun laß dich erbarmen · unſres Leids Beſchwer,
Mein und auch des Königs; · gedenke wohl daran,
Daß nie ein Wirth auf Erden · ſo leide Gäſte gewann.“
Da begann der Markgraf · zu der Köngin hehr:
„Heut muß mit dem Leben · entgelten Rüdiger,
Was ihr und der König · mir Liebes habt gethan:
Dafür muß ich ſterben, · es ſteht nicht länger mehr an.
„Ich weiß, daß noch heute · meine Burgen und mein Land
Euch ledig werden müßen · von dieſer Helden Hand.
So befehl ich euch auf Gnade · mein Weib und mein Kind
Und all die Heimathloſen, · die da zu Bechlaren find.“
„Nun lohne Gott dir, Rüdiger!“ · der König ſprach da ſo;
Er und die Königin, · ſie wurden beide froh.
„Uns ſeien wohlbefohlen · alle Leute dein;
Auch trau ich meinem Heile, · du ſelber werdeſt glücklich ſein.“
Da ſetzt' er auf die Wage · die Seele wie den Leib.
Da begann zu weinen · König Etzels Weib.
Er ſprach: „Ich muß euch halten · den Eid, den ich gethan.
O weh meiner Freunde! · wie ungern greif ich ſie an.“
Man ſah ihn von dem König · hinweggehn trauriglich.
Da fand er ſeine Recken · nahe ſtehn bei ſich:
Er ſprach: „Ihr ſollt euch waffnen, · ihr All in meinem Lehn:
Die kühnen Burgunden · muß ich nun leider beſtehn.“
Nach den Gewaffen riefen · die Helden allzuhand,
Ob es Helm wäre · oder Schildesrand,
Von dem Ingeſinde · ward es herbeigetragen.
Bald hörten leide Märe · die ſtolzen Fremdlinge ſagen.
Gewaffnet ward da Rüdiger · mit fünfhundert Mann;
Darüber zwölf Recken · zu Hülf er ſich gewann.
Sie wollten Preis erwerben · in des Sturmes Noth:
Sie wuſten nicht die Märe, · wie ihnen nahe der Tod.
Da ſah man unterm Helme · den Markgrafen gehn.
Scharfe Schwerter trugen · Die in Rüdgers Lehn,
Dazu vor den Händen · die lichten Schilde breit.
ſah der Fiedelſpieler: · dem war es ohne Maßen leid.
Da ſah der junge Geiſelher · ſeinen Schwäher gehn
Mit aufgebundnem Helme. · Wie mocht er da verſtehn,
Wie er damit es meine, · es ſei denn treu und gut?
Da gewann der edle König · von Herzen fröhlichen Muth.
„Nun wohl mir ſolcher Freunde,“ · ſprach da Geiſelher,
„Wie wir gewonnen haben · auf der Fahrt hieher.
Meines Weibes willen · iſt uns Hülfe nah:
Lieb iſt mir, meiner Treue, · daß dieſe Heirath geſchah.“
„Wes ihr euch wohl tröſtet“ · ſprach der Fiedelmann:
„Wann ſaht ihr noch zur Sühne · ſo viel der Helden nahn
Mit aufgebundnen Helmen, · die Schwerter in der Hand?
Er will an uns verdienen · ſeine Burgen und ſein Land.“
Eh der Fiedelſpieler · die Rede ſprach vollaus,
Den edeln Markgrafen · ſah man ſchon vor dem Haus.
Seinen Schild den guten · ſetzt' er vor den Fuß:
Da muſt er ſeinen Freunden · verſagen dienſtlichen Gruß.
Rüdiger der edle · rief da in den Saal:
„Ihr Kühnen Nibelungen, · nun wehrt euch allzumal.
Ihr ſolltet mein genießen, · ihr entgeltet mein:
Wir waren ehmals Freunde: · der Treue will ich ledig ſein.“
Da erſchraken dieſer Märe · die Nothbedrängten Schwer.
Ihnen war der Troſt entſunken, · den ſie gewähnt vorher,
Da ſie beſtreiten wollte, · dem Jeder Liebe trug.
Sie hatten von den Feinden · ſchon Leid erfahren genug.
„Das verhüte Gott vom Himmel!“ · ſprach Gunther der Degen,
„Daß ihr eurer Freundſchaft, trätet ſo entgegen
Und der großen Treue, · darauf uns ſann der Muth:
Ich will euch wohl vertrauen, · daß ihr das nimmermehr tuth.
„Es iſt nicht mehr zu wenden,“ · ſprach der kühne Mann:
„Ich muß mit euch ſtreiten, · wie ich den Schwur gethan.
Nun wehrt euch, kühne Degen, · wenn euch das Leben werth,
Da mir die Königstochter · nicht andre Willkür gewährt.“
„Ihr widerſagt uns nun zu ſpät,“ · ſprach der König hehr.
„Nun mög euch Gott vergelten, · viel edler Rüdiger,
Die Treu und die Liebe, · die ihr uns habt gethan,
Wenn ihr bis ans Ende · auch halten wolltet daran.
„Wir wollen ſtäts euch danken, · was ihr uns habt gegeben,
Ich und meine Freunde, · laßet ihr uns leben,
Der herrlichen Gaben, · als ihr uns brachtet her
In Etzels Land mit Treue: · des gedenket, edler Rüdiger.“
„Wie gern ich euch das gönnte,“ · ſprach Rüdiger der Degen,
„Daß ich euch meiner Gabe · die Fülle dürfte wägen
Nach meinem Wohlgefallen; · wie gerne that ich das,
So es mir nicht erwürbe · der edeln Königin Haß!“
„Laßt ab, edler Rüdiger,“ · ſprach wieder Gernot,
„Nie ward ein Wirth gefunden, · der es den Gäſten bot
So freundlich und ſo gütlich, · als uns von euch geſchehn.
Des ſollt ihr auch genießen, · ſo wir lebendig entgehn.“
„Das wollte Gott,“ ſprach Rüdiger, · „viel edler Gernot,
„Daß ihr am Rheine wäret, · und ich wäre todt.
So rettet' ich die Ehre, · da ich euch ſoll beſtehn!
Es iſt noch nie an Degen · von Freunden übler geſchehn.“
„Nun lohn euch Gott, Herr Rüdiger,“ · ſprach wieder Gernot,
„Eurer reichen Gabe. · Mich jammert euer Tod,
Soll an euch verderben · ſo tugendlicher Muth.
Hier trag ich eure Waffe, · die ihr mir gabet, Degen gut.
„Sie hat mir noch nie verſagt · in all dieſer Noth:
Es fiel vor ihrer Schärfe · mancher Ritter todt.
Sie iſt ſtark und lauter, · herrlich und gut:
Gewiſs, ſo reiche Gabe · kein Recke je wieder thut.
„Und wollt ihr es nicht meiden · und wollt ihr uns beſtehn,
Erſchlagt ihr mir die Freunde, · die hier noch bei mir ſtehn,
Mit euerm Schwerte nehm ich · Leben euch und Leib.
So reut ihr mich, Rüdiger, · und euer herrliches Weib.“
„Das wolle Gott, Herr Gernot, · und möcht es geſchehn,
Daß hier nach euerm Willen · Alles könnt ergehn
Und euern Freunden bleiben · Leben möcht und Leib,
Euch ſollten wohl vertrauen · meine Tochter und mein Weib.“
Da ſprach von Burgunden · der ſchönen Ute Kind:
„Wie thut ihr ſo, Herr Rüdiger? · Die mit mir kommen ſind,
Die ſind euch all gewogen; · ihr greift übel zu:
Eure ſchöne Tochter · wollt ihr verwitwen allzufruh.
„Wenn ihr und eure Recken · mich wollt im Streit beſtehn,
Wie wär das unfreundlich, · wie wenig ließ' es ſehn,
Daß ich euch vertraute · vor jedem andern Mann,
Als ich eure Tochter · mir zum Weibe gewann.“
„Gedenkt eurer Treue,“ · ſprach da Rüdiger.
Und ſchickt euch Gott von hinnen, · viel edler König hehr,
„So laßt es nicht entgelten · die liebe Tochter mein:
Bei aller Fürſten Tugend · geruht ihr gnädig zu ſein.“
„So ſollt ichs billig halten,“ · ſprach Geiſelher das Kind;
„Doch meine hohen Freunde, · die noch im Saal hier ſind,
Wenn die von euch erſterben, · ſo muß geſchieden ſein
Dieſe ſtäte Freundſchaft · zu dir und der Tochter dein.“
„Nun möge Gott uns gnaden,“ · ſprach der kühne Mann.
Da hoben ſie die Schilde · und wollten nun hinan
Zu ſtreiten mit den Gäſten · in Kriemhildens Saal.
Laut rief da Hagen · von der Stiege her zu Thal:
„Verzieht noch eine Weile, · viel edler Rüdiger,“
Alſo ſprach da Hagen: · „wir reden erſt noch mehr,
Ich und meine Herren, · wie uns zwingt die Noth.
Was hilft es Etzeln, finden · wir in der Fremde den Tod?
„Ich ſteh in großen Sorgen,“ · ſprach wieder Hagen,
„Der Schild, den Frau Gotlind · mir gab zu tragen,
Den haben mir die Heunen · zerhauen vor der Hand;
Ich bracht ihn doch in Treuen · her in König Etzels Land.
„Daß es Gott vom Himmel · vergönnen wollte,
Daß ich ſo guten Schildrand · noch tragen ſollte,
Als du haſt vor den Händen, · viel edler Rüdiger:
So bedürft ich in dem Sturme · keiner Halsberge mehr.“
„Wie gern wollt ich dir dienen · mit meinem Schilde,
Dürft ich dir ihn bieten · vor Kriemhilde.
Doch nimm ihn hin, Hagen, · und trag ihn an der Hand:
Hei! dürfteſt du ihn führen · heim in der Burgunden Land!“
Als er den Schild ſo willig · zu geben ſich erbot,
Die Augen wurden Vielen · von heißen Thränen roth.
Es war Die letzte Gabe: · es dürft hinfort nicht mehr
Einem Degen Gabe bieten · von Bechlaren Rüdiger.
Wie grimmig auch Hagen, · wie hart auch war ſein Muth,
Ihn erbarmte doch die Gabe, · die der Degen gut
So nah ſeinem Ende · noch hatt an ihn gethan.
Mancher edle Ritter · mit ihm zu trauern begann.
„Nun lohn euch Gott im Himmel, · viel edler Rüdiger.
Es wird eures Gleichen · auf Erden nimmermehr,
Der heimathloſen Degen · ſo milde Gabe gebe.
So möge Gott gebieten, · daß eure Milde immer lebe.“
„O weh mir dieſer Märe,“ · ſprach wieder Hagen.
„Wir hatten Herzensſchwere · ſchon ſo viel zu tragen:
Das müße Gott erbarmen, · gilts uns mit Freunden Streit!“
Da ſprach der Markgraf wieder: · „Das iſt mir inniglich leid.“
„Nun lohn ich euch die Gabe, · viel edler Rüdiger:
Was euch auch widerfahre · von dieſen Recken hehr,
Es ſoll euch nicht berühren · im Streit meine Hand,
Ob ihr ſie all erſchlüget · Die von der Burgunden Land.“
Da neigte ſich ihm dankend · der gute Rüdiger.
Die Leute weinten alle: · Daß nicht zu wenden mehr
Dieſer Herzensjammer, · das war zu große Noth.
Der Vater aller Tugend · fand an Rüdiger den Tod.
Da ſprach von der Stiege · Volker der Fiedelmann:
„Da mein Geſelle Hagen · euch trug den Frieden an,
So biet ich auch ſo ſtäten · euch von meiner Hand.
Das habt ihr wohl verdient an uns, · da wir kamen in das Land.
„Viel edler Markgraf, · mein Bote werdet hier:
Dieſe rothen Spangen · gab Frau Gotlinde mir,
Daß ich ſie tragen ſollte · bei dieſer Luſtbarkeit:
Ich thu es, ſchauet ſelber, · daß ihr des mein Zeuge ſeid.“
„Wollt es Gott vom Himmel,“ · ſprach da Rüdiger,
„Daß euch die Markgräfin · noch geben dürfte mehr.
Die Märe ſag ich gerne · der lieben Trauten mein,
Seh ich geſund ſie wieder: · Des ſollt ihr außer Zweifel ſein.“
Nach dieſem Angeloben · Den Schild hob Rüdiger,
Sein Muth begann zu toben: · nicht länger ſäumt' er mehr.
Auf lief er zu den Gäſten · wohl einem Recken gleich.
Viel kraftvolle Schläge · ſchlug da dieſer Markgraf reich.
Volker und Hagen · traten beiſeit,
Wie ihm verheißen hatten · die Degen allbereit.
Noch traf er bei den Thüren · ſo manchen Kühnen an,
Daß Rüdiger die Feindſchaft · mit großen Sorgen begann.
Aus Mordbegierde ließen · ihn ins Haus hinein
Gernot und Gunther; · das mochten Helden ſein.
Zurück wich da Geiſelher: · fürwahr, es war ihm leid;
Er verſah ſich noch des Lebens, · drum mied er Rüdigern im Streit.
Da ſprangen zu den Feinden · Die in Rüdgers Lehn.
Hinter ihrem Herren · ſah man ſie kühnlich gehn.
Schneidende Waffen · trugen ſie an der Hand:
Da zerbrachen viel der Helme · und mancher herrliche Rand.
Da ſchlugen auch die Müden · noch manchen ſchnellen Schlag
Auf die von Bechlaren, · der tief und eben brach
Durch die feſten Panzer · und drang bis auf das Blut.
Sie frommten in dem Sturme · viel Wunder herrlich und gut.
Das edle Heergeſinde · war alle nun im Saal.
Volker und Hagen · die ſprangen hin zumal:
Sie gaben Niemand Frieden · als dem Einen Mann.
Das Blut von ihren Hieben · von den Helmen niederrann.
Wie da der Schwerter Toſen · ſo grimmig erklang,
Daß unter ihren Schlägen · das Schildgeſpänge ſprang!
Die Schildſteine rieſelten · getroffen in das Blut.
Da fochten ſie ſo grimmig, · wie man es nie wieder thut.
Der Vogt von Bechlaren · ſchuf hin und her ſich Bahn,
Wie Einer der mit Ungeſtüm · im Sturme werben kann.
Des Tages ward an Rüdiger · herrlich offenbar,
Daß er ein Recke wäre, · kühn und ohne Tadel gar.
Hier ſtanden dieſe Recken, · Gunther und Gernot,
Sie ſchlugen in dem Streite · viel der Helden todt.
Geiſelhern und Dankwart · am Heile wenig lag:
Da brachten ſie noch Manchen · hin zu ſeinem jüngſten Tag.
Wohl erwies auch Rüdiger, · daß er ſtark war genug,
Kühn und wohl gewaffnet: · hei, was er Helden ſchlug!
Das ſah ein Burgunde, · da ſchuf der Zorn ihm Noth:
Davon begann zu nahen · des edeln Rüdiger Tod.
Gernot der ſtarke · rief den Helden an.
Er ſprach zum Markgrafen: · „Ihr wollt mir keinen Mann
Der Meinen leben laßen, · viel edler Rüdiger.
Das ſchmerzt mich ohne Maßen: · ich ertrag es nicht länger mehr.
„Nun mag euch eure Gabe wohl · zu Unſtatten kommen,
Da ihr mir der Freunde · habt ſo viel genommen.
Nun bietet mir die Stirne, · ihr edler kühner Mann:
So verdien ich eure Gabe, · ſo gut ich immer nur kann.“
Bevor da der Markgraf · zu ihm gedrungen war.
Ward noch getrübt vom Blute · manch lichter Harniſch klar.
Da liefen ſich einander · die Ehrbegiergen an:
jedweder ſich zu ſchirmen · vor ſtarken Wunden begann.
Doch ſchnitten ihre Schwerter, · es ſchützte nichts dagegen.
Da ſchlug den König Gernot · Rüdiger der Degen
Durch den ſteinharten Helm, · daß niederfloß das Blut:
Das vergalt alsbald ihm · dieſer Ritter kühn und gut.
Hoch ſchwang er Rüdgers Gabe, · die in der Hand ihm lag;
Wie wund er war zum Tode, · er ſchlug ihm einen Schlag
Auf des Helmes Bänder · und durch den feſten Schild,
Davon erſterben muſte · der gute Rüdiger mild.
So reicher Gabe übler · gelohnt ward nimmermehr.
Da fielen beid erſchlagen, · Gernot und Rüdiger,
Im Sturm gleichermaßen · von beider Kämpfer Hand.
Da erſt ergrimmte Hagen, · als er den großen Schaden fand.
Da ſprach der Held von Tronje: · „Es iſt uns ſchlimm bekommen.
So großen Schaden haben wir · an den Zwein genommen,
Daß wir ihn nie verwinden, · ihr Volk noch ihr Land.
Uns Heimathloſen bleiben · nun Rüdgers Helden zu Pfand.“
Da wollte Keiner weiter · dem Andern was vertragen:
Mancher ward darnieder · unverletzt geſchlagen,
Der wohl noch wär geneſen: · ob ihm war ſolcher Drang,
Wie heil er ſonſt geweſen, · daß er im Blute doch ertrank.
„Weh mir um den Bruder! · der fiel hier in den Tod.
Was mir zu allen Stunden · für leide Märe droht!
Auch muß mich immer reuen · mein Schwäher Rüdiger:
Der Schad iſt beidenthalben · und großen Jammers Beſchwer.“
Als der junge Geiſelher · ſah ſeinen Bruder todt,
Die noch im Saale waren, · die muſten leiden Noth.
Der Tod ſuchte eifrig, · wo ſein Geſinde wär:
Deren von Bechelaren · entgieng kein Einziger mehr.
Gunther und Hagen · und auch Geiſelher,
Dankwart und Volker, · die guten Degen hehr,
Die giengen zu der Stelle, · wo man ſie liegen fand:
Wie jämmerlich da weinten · dieſe Helden auserkannt!
„Der Tod beraubt uns übel,“ · ſprach Geiſelher das Kind.
„Nun laßt euer Weinen · und gehn wir an den Wind,
Daß ſich die Panzer kühlen · uns ſtreitmüden Degen:
Es will nicht Gott vom Himmel, · daß wir länger leben mögen.“
Den ſitzen, den ſich lehnen · ſah man manchen Mann.
Sie waren wieder müßig. · Die Rüdgern unterthan
Waren all erlegen; · verhaßt war das Getos.
So lange blieb es ſtille, · daß es Etzeln verdroß.
„O weh dieſes Leides!“ · ſprach die Königin.
„Sie ſprechen allzulange; · unſre Feinde drin
Mögen wohl heil verbleiben · vor Rüdigers Hand:
Er will ſie wiederbringen · heim in der Burgunden Land.
„Was hilfts, König Etzel, · daß wir an ihn vertan,
Was er nur begehrte? · Er that nicht wohl daran:
Der uns rächen ſollte, · der will der Sühne pflegen.“
Da gab ihr Volker Antwort, · dieſer zierliche Degen:
„Dem iſt nicht alſo leider, · viel edel Königsweib.
Und dürft ich Lügen ſtrafen · ein ſo hehres Weib,
So hättet ihr recht teufliſch · Rüdigern verlogen.
Er und ſeine Degen · ſind um die Sühne gar betrogen.
„So williglich vollbracht er, · was ihm ſein Herr gebot,
Daß er und ſein Geſinde · hier fielen in den Tod.
Nun ſeht euch um, Frau Kriemhild, · wem ihr gebieten wollt:
Euch war bis an ſein Ende · Rüdiger getreu und hold.
„Wollt ihr mir nicht glauben, · ſo ſchaut es ſelber an.“
Zu ihrem Herzeleide · ward es da gethan:
Man trug ihn hin erſchlagen, · wo ihn der König ſah.
König Etzels Mannen · wohl nimmer leider geſchah.
Da ſie den Markgrafen · todt ſahn vor ſich tragen,
Da vermöcht euch kein Schreiber · zu ſchildern noch zu ſagen
Die ungebärdge Klage · ſo von Weib als Mann,
Die ſich aus Herzensjammer · da zu erzeigen begann.
König Etzels Jammern · war ſo ſtark und voll,
Wie eines Löwen Stimme · dem reichen König ſcholl
Der Wehruf der Klage; · auch ihr ſchufs große Noth;
Sie weinten übermäßig · um des guten Rüdger Tod.