Blödels Recken ſtanden · gerüſtet allzumal.
In tauſend Halsbergen · erreichten ſie den Saal,
Wo Dankwart mit den Knechten · an den Tiſchen ſaß.
Da hob ſich unter Helden · der allergrimmigſte Haß.
Als der Degen Blödel · vor die Tiſche gieng,
Dankwart der Marſchall · ihn freundlich empfieng:
„Willkommen hier im Hauſe, · mein Herr Blödelein:
Mich wundert euer Kommen: · ſagt, was ſoll die Märe ſein?“
„Du brauchſt mich nicht zu grüßen,“ · ſprach da Blödelein,
„Denn dieſes mein Kommen · muß dein Ende ſein
Um Hagen deinen Bruder, · der Siegfrieden ſchlug.
Des entgiltſt du bei den Heunen · und andre Helden genug.“
„Nicht doch, mein Herr Blödel,“ · ſprach da Dankwart,
„So möchte ſehr uns reuen · zu Hofe dieſe Fahrt.
Ich war ein Kind, als Siegfried · Leben ließ und Leib:
Nicht weiß ich, was mir wolle · dem König Etzel ſein Weib.“
„Ich weiß dir von der Märe · nicht mehr zu ſagen;
Es thatens deine Freunde, · Gunther und Hagen.
Nun wehrt euch, ihr Armen, · ihr könnt nicht länger leben,
Ihr müßt mit dem Tode · hier ein Pfand Kriemhilden geben.“
„Wollt ihrs nicht laßen?“ · ſprach da Dankwart,
„So gereut mich meines Flehens: · hätt ich das geſpart!“
Der ſchnelle kühne Degen · von dem Tiſche ſprang,
Eine ſcharfe Waffe zog er, · die war gewaltig und lang.
Damit ſchlug er Blödeln · einen ſchwinden Schwertesſchlag,
Daß ihm das Haupt im Helme · vor den Füßen lag.
„Das ſei die Morgengabe,“ · ſprach der ſchnelle Degen,
„Zu Nudungens Witwe, · die du mit Minne ſollteſt pflegen.
„Vermähle man ſie morgen · einem andern Mann:
Will er den Brautſchatz, · wird ihm wie dir gethan.“
Ein getreuer Heune · hatt ihm das hinterbracht,
Wie die Königstochter · auf ihr Verderben gedacht.
Da ſahen Blödels Mannen, · ihr Herr ſei erſchlagen;
Das wollten ſie den Gäſten · länger nicht vertragen.
Mit aufgehobnen Schwertern · auf die Knappen ein
Drangen ſie mit Ingrimm: · das muſte Manchen gereun.
Laut rief da Dankwart · all die Knappen an:
„Ihr ſeht wohl, edle Knechte, · es iſt um uns gethan,
Nun wehrt euch, ihr Armen, · wie euch zwingt die Noth,
Daß ihr ohen Schanden · erliegt in wehrlichem Tod.“
Die nicht Schwerter hatten, · die griffen vor die Bank,
Vom Boden aufzuheben · manchen Schemel lang.
Die Burgundenknechte · wollten nichts vertragen:
Mit ſchweren Stühlen ſah man · ſtarker Beulen viel geſchlagen.
Wie grimm die armen Knappen · ſich wehrten in dem Strauß!
Sie trieben zu dem Hauſe · die Gewaffneten hinaus:
Fünfhundert oder drüber · erlagen drin dem Tod.
Da war das Ingeſinde · vom Blute naß und auch roth.
Dieſe ſchwere Botſchaft · drang in kurzer Zeit
Zu König Etzels Recken: · ihnen wars grimmig leid,
Daß mit ſeinen Mannen · Blödel den Tod gewann;
Das hatte Hagens Bruder · mit den Knechten gethan.
Eh es vernahm der König, · ſtand ſchon ein Heunenheer
In hohem Zorn gerüſtet, · zweitauſend oder mehr.
Sie giengen zu den Knechten, · es muſte nun ſo ſein,
Und ließen des Geſindes · darin nicht Einen gedeihn.
Die Ungetreuen brachten · vors Haus ein mächtig Heer.
Die landloſen Knechte · ſtanden wohl zu Wehr.
Was half da Kraft und Kühnheit? · ſie fanden doch den Tod.
Darnach in kurzer Weile · hob ſich noch grimmere Noth.
Nun mögt ihr Wunder hören · und Ungeheures ſagen:
Neuntauſend Knechte · lagen todt geſchlagen,
Darüber zwölf Ritter · in Dankwartens Lehn.
Man ſah ihn weltalleine · noch bei ſeinen Feinden ſtehn.
Der Lärm war beſchwichtigt, · das Toſen eingeſtellt.
Ueber die Achſel blickte · Dankwart der Held:
Er ſprach: „O weh der Freunde, · die ich fallen ſah!
Nun ſteh ich leider einſam · unter meinen Feinden da.“
Die Schwerter fielen heftig · auf des Einen Leib:
Das muſte bald beweinen · manches Helden Weib.
Den Schild rückt' er höher, · der Riemen ward geſenkt:
Mit rothem Blute ſah man · noch manchen Harniſch getränkt.
„O weh mir dieſes Leides!“ · ſprach Aldrianens Kind.
„Nun weicht, Heunenrecken, · und laßt mich an den Wind,
Daß die Lüfte kühlen · mich ſturmmüden Mann.“
Da drang er auf die Thüre · unter Schlägen herrlich an.
Als der Streitmüde · aus dem Hauſe ſprang,
Wie manches Schwert von Neuem · auf ſeinem Helm erklang!
Die nicht geſehen hatten · die Wunder ſeiner Hand,
Die ſprangen da entgegen · dem aus Burgundenland.
„Nun wollte Gott,“ ſprach Dankwart, · „daß mir ein Bote käm,
Durch den mein Bruder Hagen · Kunde vernähm,
Daß ich vor dieſen Recken · ſteh in ſolcher Noth.
Der hülfe mir von hinnen · oder fände ſelbſt den Tod.“
Da ſprachen Heunenrecken: · „Der Bote muſt Du ſein,
Wenn wir todt dich tragen · vor den Bruder dein.
Dann ſieht erſt ſein Herzeleid · Gunthers Unterthan.
Du haſt dem König Etzel · hier großen Schaden gethan.“
Er ſprach: „Nun laßt das Dräuen · und weicht zurück von mir,
Sonſt netz ich noch Manchem · mit Blut den Harniſch hier.
Ich will die Märe ſelber · hin zu Hofe tragen
Und will meinen Herren · meinen großen Kummer klagen.“
Er verleidete ſo ſehr ſich · dem Volk in Etzels Lehn,
Daß ſie ihn mit Schwertern · nicht wagten zu beſtehn:
Da ſchoßen ſie der Spere · ſo viel ihm in den Rand,
Er muſt ihn ſeiner Schwere · wegen laßen aus der Hand.
Sie wähnten ihn zu zwingen, · weil er den Schild nicht trug;
Hei, was er tiefer Wunden · durch die Helme ſchlug!
Da muſte vor ihm Straucheln · mancher kühne Mann,
Daß ſich viel Lob und Ehre · der kühne Dankwart gewann.
Von beiden Seiten ſprangen · die Gegner auf ihn zu.
Wohl kam ihrer Mancher · in den Kampf zu fruh.
Da gieng er vor den Feinden, · wie ein Eberſchwein
Im Walde thut vor Hunden: · wie möcht er wohl kühner ſein?
Sein Weg war ſtäts aufs Neue · genetzt mit heißem Blut.
Wie konnte je ein Recke · allein wohl ſo gut
Mit ſo viel Feinden ſtreiten, · als hier von ihm geſchehn?
Man ſah Hagens Bruder · herrlich hin zu Hofe gehn.
Truchſäßen und Schenken · vernahmen Schwerterklang:
Gar mancher die Getränke · aus den Händen ſchwang
Oder auch die Speiſen, · die man zu Hofe trug.
Da fand er vor der Stiege · noch ſtarker Feinde genug.
„Wie nun, ihr Truchſäßen?“ · ſprach der müde Degen,
„Nun ſolltet ihr die Gäſte · gütlich verpflegen
Und ſolltet den Herren · die edle Speiſe tragen
Und ließet mich die Märe · meinen lieben Herren ſagen.“
Wer da den Muth gewonnen · und vor die Stieg ihm ſprang,
Deren ſchlug er etlichen · ſo ſchweren Schwertesſchwang,
Daß ihm aus Schreck die Andern · ließen freie Bahn.
Da hatten ſeine Kräfte · viel große Wunder gethan.