Das war in jenen Zeiten, · als Frau Helke ſtarb
Und der König Etzel · um andre Frauen warb,
Da riethen ſeine Freunde · in Burgundenland
Zu einer ſtolzen Witwe, · die war Frau Kriemhild genannt.
Seit ihm die ſchöne Helke · erſtarb, die Königin,
Sie ſprachen: „Sinnt ihr wieder · auf edler Frau Gewinn,
Der höchſten und der beſten, · die je ein Fürſt gewann,
So nehmet Kriemhilden; · der ſtarke Siegfried war ihr Mann.“
Da ſprach der reiche König: · „Wie gienge das wohl an?
Ich bin ein Heide, · ein ungetaufter Mann,
Sie jedoch iſt Chriſtin · ſie thut es nimmermehr.
Ein Wunder müſt es heißen, · käm ſie jemals hieher.“
Die Schnellen ſprachen wieder: · „Vielleicht, daß ſie es thut
Um euern hohen Namen · und euer großes Gut.
Man ſoll es doch verſuchen · bei dem edeln Weib:
Euch ziemte wohl zu minnen · ihren wonniglichen Leib.“
Da ſprach der edle König: · „Wem iſt nun bekannt
Unter euch am Rheine · das Volk und auch das Land?“
Da ſprach von Bechlaren · der gute Rüdiger:
„Kund von Kindesbeinen · ſind mir die edeln Könige hehr,
„Gunther und Gernot, · die edeln Ritter gut;
Der dritte heißt Geiſelher: · ein Jeglicher thut,
Was er nach Zucht und Ehren · am beſten mag begehn:
Auch iſt von ihren Ahnen · noch ſtäts dasſelbe geſchehn.“
Da ſprach wieder Etzel: · „Freund, nun ſage mir,
Ob ihr wohl die Krone · ziemt zu tragen hier;
Und hat ſie ſolche Schöne, · wie man ſie zeiht,
Meinen beſten Freunden · ſollt es nimmer werden leid.“
„Sie vergleicht ſich an Schöne · wohl der Frauen mein,
Helke der reichen: · nicht ſchöner könnte ſein
Auf der weiten Erde · eine Königin:
Wen ſie erwählt zum Freunde, · der mag wohl tröſten den Sinn.“
Er ſprach: „So wirb ſie, Rüdiger, · ſo lieb als ich dir ſei.
Und darf ich Kriemhilden · jemals liegen bei,
Das will ich dir lohnen, · ſo gut ich immer kann;
Auch haſt du meinen Willen · mit großer Treue gethan.
„Von meinem Kammergute · laß ich ſo viel dir geben,
Daß du mit den Gefährten · in Freude mögeſt leben;
Von Roſſen und von Kleidern, · was ihr nur begehrt,
Des wird zu der Botſchaft · euch die Genüge gewährt.“
Zur Antwort gab der Markgraf, · der reiche Rüdiger:
„Begehrt' ich deines Gutes, · das ziemte mir nicht ſehr.
Ich will dein Bote gerne · werden an den Rhein
Mit meinem eignen Gute; · ich hab es aus den Händen dein.“
Da ſprach der reiche König: · „Wann denkt ihr zu fahren
Nach der Minniglichen? · So ſoll euch Gott bewahren
Dabei an allen Ehren · und auch die Fraue mein;
Und möge Glück mir helfen, · daß ſie uns gnädig möge ſein.“
Da ſprach wieder Rüdiger: · „Eh wir räumen dieſes Land,
Müßen wir uns rüſten · mit Waffen und Gewand,
Daß wir vor den Königen · mit Ehren dürfen ſtehn:
Ich will zum Rheine führen · fünfhundert Degen auserſehn.
„Wenn man bei den Burgunden · mich und die Meinen ſeh,
Daß dann einſtimmig · das Volk im Land geſteh,
Es habe nie ein König · noch ſo manchen Mann
So fern daher geſendet, · als du zum Rheine gethan.
„Und wiß, edler König, · ſtehſt du darob nicht an,
Sie war dem beſten Manne, · Siegfrieden unterthan,
Siegmundens Sohne; · du haſt ihn hier geſehn:
Man mocht ihm große Ehre · wohl in Wahrheit zugeſtehn.“
Da ſprach der König Etzel: · „War ſie dem Herrn vermählt,
Sie war ſo hohes Namens · der edle Fürſt erwählt,
Daß ich nicht verſchmähen · darf die Königin.
Ob ihrer großen Schönheit · gefällt ſie wohl meinem Sinn.“
Da ſprach der Markgraf wieder: · „Wohlan, ich will euch ſagen,
Wir heben uns von hinnen · in vierundzwanzig Tagen.
Ich entbiet es Gotelinden, · der lieben Fraue mein,
Daß ich zu Kriemhilden · ſelber wolle Bote ſein.“
Hin gen Bechelaren · ſandte Rüdiger
Boten ſeinem Weibe, · der Markgräfin hehr,
Er werbe für den König · um eine Königin:
Der guten Helke dachte · ſie da mit freundlichem Sinn.
Als die Botenkunde · die Markgräfin gewann,
Leid war es ihr zum Theile, · zu ſorgen hub ſie an,
Ob ſie wohl eine Herrin · gewänne ſo wie eh.
Gedachte ſie an Helke, · das that ihr inniglich weh.
Nach ſieben Tagen Rüdiger · ritt aus Heunenland,
Worüber frohgemuthet · man König Etzeln fand.
Man fertigte die Kleider · in der Stadt zu Wien;
Da wollt er mit der Reiſe · auch nicht länger mehr verziehn.
Zu Bechlaren harrte · ſein Frau Gotelind
Und die junge Markgräfin, · Rüdigers Kind,
Sah ihren Vater gerne · und Die ihm unterthan;
Da ward ein liebes Harren · von ſchönen Frauen gethan.
Eh der edle Rüdiger · aus der Stadt zu Wien
Ritt nach Bechlaren, · da waren hier für ihn
Kleider und Gewaffen · auf Säumern angekommen.
Sie fuhren ſolcherweiſe, · daß ihnen wenig ward genommen.
Als ſie zu Bechlaren · kamen in die Stadt,
Für ſeine Heergeſellen · um Herbergen bat
Der Wirth mit holden Worten: · die gab man ihnen da.
Gotelind die reiche · den Wirth gar gerne kommen ſah.
Auch ſeine liebe Tochter, · die Marfgräfin jung,
Ob ihres Vaters Kommen · war ſie froh genung,
Aus Heunenland die Helden, · wie gern ſie die ſah!
Mit lachendem Muthe · ſprach die edle Jungfrau da:
„Willkommen ſei mein Vater · und Die ihm unterthan.“
Da ward ein ſchönes Danken · von manchem werthen Mann
Freundlich geboten · der jungen Markgräfin.
Wohl kannte Frau Gotlind · des edeln Rüdiger Sinn.
Als ſie des Nachts nun · bei Rüdigern lag,
Mit holden Worten fragte · die Markgräfin nach,
Wohin ihn denn geſendet · der Fürſt von Heunenland?
„Meine Frau Gotlind,“ ſprach er, · „ich mach es gern euch bekannt.
„Meinem Herren werben · ſoll ich ein ander Weib,
Da ihm iſt erſtorben · der ſchönen Helke Leib.
Nun will ich nach Kriemhilden · reiten an den Rhein:
Die ſoll hier bei den Heunen · gewaltge Königin ſein.“
„Das wollte Gott!“ ſprach Gotlind, · „möcht uns dies Heil geſchehn,
Da wir ſo hohe Ehren · ihr hören zugeſtehn.
Sie erſetzt uns Helken · vielleicht in alten Tagen;
Wir mögen bei den Heunen · ſie gerne ſehen Krone tragen.“
Da ſprach Markgraf Rüdiger: · „Liebe Fraue mein,
Die mit mir reiten ſollen · von hinnen an den Rhein,
Denen ſollt ihr freundlich · bieten euer Gut:
Wenn Helden reichlich leben, · ſo tragen ſie hohen Muth.“
Sie ſprach: „Da iſt nicht Einer, · wenn er es gerne nähm,
Ich wollt ihm willig bieten, · was Jeglichem genehm,
Eh ihr von hinnen ſcheidet · und Die euch unterthan.“
Da ſprach der Markgraf wieder: · „Ihr thut mir Liebe daran.“
Hei! was man reicher Zeuge · von ihrer Kammer trug!
Da ward den edeln Recken · Gewand zu Theil genug
Mit allem Fleiß gefüttert · vom Hals bis auf die Sporen;
Die ihm davon gefielen, · hatte Rüdger ſich erkoren.
Am ſiebenten Morgen · von Bechlaren ritt
Der Wirth mit ſeinen Degen. · Sie führten Waffen mit
Und Kleider auch die Fülle · durch der Baiern Land.
Sie wurden auf der Straße · von Räubern ſelten angerannt.
Binnen zwölf Tagen · kamen ſie an den Rhein.
Da konnte dieſe Märe · nicht lang verborgen ſein:
Dem König und den Seinen · ward es kund gethan,
Es kämen fremde Gäſte. · Der Wirth zu fragen begann,
Ob ſie Jemand kennte? · das ſollte man ihm ſagen.
Man ſah die Saumroſſe · ſchwere Laſten tragen:
Wie reich die Helden waren, · ward daran erkannt.
Herberge ſchuf man ihnen · in der weiten Stadt zuhand.
Als die Gäſte waren · in die Stadt gekommen,
Ihres Aufzugs hatte man · mit Neugier wahrgenommen.
Sie wunderte, von wannen · ſie kämen an den Rhein.
Der Wirth fragte Hagen, · wer die Herren möchten ſein?
Da ſprach der Held von Tronje: · „Ich ſah ſie noch nicht;
Wenn ich ſie erſchaue, · mag ich euch Bericht
Wohl geben, von wannen · ſie ritten in dies Land.
Sie wären denn gar fremde, · ſo ſind ſie gleich mir bekannt.“
Herbergen hatten · die Gäſte nun empfahn.
Der Bote hatte reiche · Gewänder angethan
Mit ſeinen Heergeſellen, · als ſie zu Hofe ritten.
Sie trugen gute Kleider, · die waren zierlich geſchnitten.
Da ſprach der ſchnelle Hagen: · „So viel ich mag verſtehn,
Da ich ſeit langen Tagen · den Herrn nicht hab erſehn,
So ſind ſie ſo zu ſchauen, · als wär es Rüdiger
Aus der Heunen Lande, · dieſer Degen kühn und hehr.“
„Wie ſollt ich das glauben,“ · der König ſprachs zuhand,
„Daß der von Bechelaren · kam in dieſes Land?“
Kaum hatte König Gunther · das Wort geſprochen gar,
So nahm der kühne Hagen · den guten Rüdiger wahr.
Er und ſeine Freunde · liefen ihm entgegen:
Da ſprangen von den Roſſen · fünfhundert ſchnelle Degen.
Wohl empfangen wurden · die von Heunenland;
Niemals trugen Boten · wohl ſo herrlich Gewand.
Da rief von Tronje Hagen · mit lauter Stimme Schall:
„Nun ſei'n uns hochwillkommen · dieſe Degen all,
Der Vogt von Bechelaren · mit ſeiner ganzen Schar.“
Man empfieng mit Ehren · die ſchnellen Heunen fürwahr.
Des Königs nächſte Freunde · drängten ſich heran:
Da hub von Metzen Ortewein · zu Rüdigern an:
„Wir haben lange Tage · hier nicht mehr geſehn
Alſo liebe Gäſte, · das muß ich wahrlich geſtehn!“
Sie dankten des Empfanges · den Recken allzumal.
Mit dem Heergeſinde · giengen ſie zum Saal,
Wo ſie den König fanden · bei manchem kühnen Mann.
Der ſtand empor vom Sitze: · das ward aus höfſcher Zucht gethan.
Wie freundlich dem Boten · er entgegengieng
Und allen ſeinen Degen! · Gernot auch empfieng
Den Gaſt mit hohen Ehren · und Die ihm unterthan.
Den guten Rüdger führte · der König an der Hand heran.
Er bracht' ihn zu dem Sitze, · darauf er ſelber ſaß.
Den Gäſten ließ er ſchenken · (gerne that man das)
Von dem guten Methe · und von dem beſten Wein,
Den man mochte finden · in den Landen um den Rhein.
Geiſelher und Gere · waren auch gekommen,
Dankwart und Volker, · die hatten bald vernommen
Von den werthen Gäſten. · Sie waren wohlgemuth:
Sie empfiengen vor dem König · die Ritter edel und gut.
Da ſprach von Tronje Hagen · zu Gunthern ſeinem Herrn:
„Mit Dienſt vergelten ſollten · ſtäts eure Degen gern,
Was uns der Markgraf · zu Liebe hat gethan;
Des ſollte Lohn empfangen · der ſchönen Gotlinde Mann.“
Da ſprach der König Gunther: · „Ich laße nicht das Fragen:
Wie beide ſich gehaben, · das ſollt ihr mir ſagen,
Etzel und Frau Helke · in der Heunen Land?“
Der Markgraf gab zur Antwort: · „Ich mach es gern euch bekannt.“
Da erhob er ſich vom Sitze · und Die ihm unterthan
Und ſprach zu dem König: · „Laßt mich Erlaub empfahn,
Daß ich die Märe ſage, · um die mich hat geſandt
Etzel der König · hieher in der Burgunden Land.“
Er ſprach: „Was man uns immer · durch euch entboten hat,
Erlaub ich euch zu ſagen · ohne der Freunde Rath.
Die Märe laßt vernehmen · mich und die Degen mein:
Euch ſoll nach allen Ehren · zu werben hier geſtattet ſein.“
Da ſprach der biedre Bote: · „Euch entbietet an den Rhein
Seine treuen Dienſte · der große König mein,
Dazu den Freunden allen, · die euch zugethan;
Auch wird euch dieſe Botſchaft · mit großer Treue gethan.
„Euch läßt der edle König · klagen ſeine Noth:
Sein Volk iſt ohne Freude, · meine Frau die iſt todt,
Helke die reiche, · meines Herrn Gemahl:
An der ſind ſchöne Jungfraun · nun verwaiſt in großer Zahl,
„Edler Fürſten Kinder, · die ſie erzogen hat;
Darum hat im Lande · nun große Trauer Statt:
Sie haben leider Niemand mehr, · der ſie ſo treulich pflegt,
Drum wähn ich auch, daß ſelten · des Königs Sorge ſich legt.“
„Nun lohn ihm Gott,“ ſprach Gunther, · „daß er die Dienſte ſein
So williglich entbietet · mir und den Freunden mein.
Ich hörte gern die Grüße, · die ihr mir kund gethan;
Auch wollen ſie verdienen · Die mir treu und unterthan.“
Da ſprach von Burgunden · der edle Gernot:
„Die Welt mag wohl beklagen · der ſchönen Helke Tod
Um manche höfſche Tugend, · der ſie gewohnt zu pflegen.“
Das beſtätigte Hagen · und mancher andre Degen.
Da ſprach wieder Rüdiger, · der edle Bote hehr:
„Erlaubt ihr mir, Herr König, · ſo ſag ich euch noch mehr,
Was mein lieber Herre · euch hieher entbot:
Er lebt in großem Kummer · ſeit der Königin Helke Tod.
„Man ſagte meinem Herren, · Kriemhild ſei ohne Mann,
Da Siegfried geſtorben: · und ſprach man wahr daran,
Und wollt ihr ihrs vergönnen, · ſo ſoll ſie Krone tragen
Vor König Etzels Recken: · das gebot mein Herr ihr zu ſagen.“
Da ſprach König Gunther · mit wohlgezognem Muth:
„Sie hört meinen Willen, · wenn ſie es gerne thut.
Das will ich euch berichten · von heut in dreien Tagen:
Wenn ſie es nicht weigert, · wie ſollt ichs Etzel verſagen?“
Man ließ Gemach beſcheiden · den Gäſten allzuhand.
Sie fanden ſolche Pflege, · daß Rüdiger geſtand,
Er habe gute Freunde · in König Gunthers Lehn.
Gerne dient' ihm Hagen: · ihm war einſt Gleiches geſchehn.
So verweilte Rüdiger · bis an den dritten Tag.
Der Fürſt berief die Räthe, · wie er weislich pflag,
Und fragte ſeine Freunde, · ob ſie es gut gethan
Däuchte, daß Kriemhild · Herrn Etzeln nähme zum Mann.
Da riethen ſie es alle; · nur Hagen ſtands nicht an.
Er ſprach zu König Gunther, · dieſem kühnen Mann:
„Habt ihr kluge Sinne, · ſo ſeid wohl auf der Hut,
Wenn ſie auch folgen wollte, · daß ihr doch nimmer es thut.“
„Warum,“ ſprach da Gunther, · „ließ' ich es nicht ergehn?
Was künftig noch der Königin · Liebes mag geſchehn,
Will ich ihr gerne gönnen: · ſie iſt die Schweſter mein.
Wir müſten ſelbſt drum werben, · ſollt es ihr zur Ehre ſein.“
Da ſprach aber Hagen: · „Das ſprecht ihr unbedacht.
Wenn ihr Etzeln kenntet · wie ich und ſeine Macht,
Und ließt ihr ſie ihn minnen, · wie ich euch höre ſagen,
Das müſtet ihr vor Allen · mit großem Rechte beklagen.“
„Warum?“ ſprach da Gunther, · „leicht vermeid ich das,
Ihm je ſo nah zu kommen, · daß ich durch ſeinen Haß
Leid zu befahren hätte, · würd er auch ihr Mann.“
Da ſprach wieder Hagen: · „Mich dünkt es nimmer wohlgethan.“
Da lud man Gernoten · und Geiſelhern heran,
Ob die Herren beide · däuchte wohlgethan,
Wenn Frau Kriemhild nähme · den mächtgen König hehr.
Noch widerrieth es Hagen · und auch anders Niemand mehr.
Da ſprach von Burgunden · Geiſelher der Degen:
„Nun mögt ihr, Freund Hagen, · noch der Treue pflegen:
Entſchädigt ſie des Leides, · das ihr ihr habt gethan.
Was ihr noch mag gelingen, · das ſäht ihr billig neidlos an.“
„Wohl habt ihr meiner Schweſter · gefügt ſo großes Leid,“
Sprach da wieder Geiſelher, · der Degen allbereit,
„Ihr hättets wohl verſchuldet, · wäre ſie euch gram:
Noch Niemand einer Frauen · ſo viel der Freuden benahm.“
„Daß ich das wohl erkenne, · das ſei euch frei bekannt.
Und ſoll ſie Etzeln nehmen · und kommt ſie in ſein Land,
Wie ſie es fügen möge, · viel Leid thut ſie uns an.
Wohl kommt in ihre Dienſte · da mancher waidliche Mann.“
Dawider ſprach zu Hagen · der kühne Gernot:
„Es mag dabei verbleiben · bis an Beider Tod,
Daß wir niemals kommen · in König Etzels Land.
Laßt uns ihr Treue leiſten: · zu Ehren wird uns das gewandt.“
Da ſprach Hagen wieder: · „Das laß ich mir Niemand ſagen;
Und ſoll die edle Kriemhild · Helkens Krone tragen,
Viel Leid wird ſie uns ſchaffen, · wo ſie's nur fügen kann:
Ihr ſollt es bleiben laßen, · das ſtänd euch Recken beßer an.“
Im Zorn ſprach da Geiſelher, · der ſchönen Ute Kind:
Wir wollen doch nicht alle · meineidig ſein geſinnt.
Was ihr geſchieht zu Ehren, · laßt uns froh drum ſein.
Was ihr auch redet, Hagen, · ich dien ihr nach der Treue mein.“
Als das Hagen hörte, · da trübte ſich ſein Muth.
Geiſelher und Gernot, · die ſtolzen Ritter gut,
Und Gunther der reiche · vereinten endlich ſich,
Wenn es Kriemhild wünſche, · ſie wolltens dulden williglich.
Da ſprach Markgraf Gere: · „So geh ich ihr zu ſagen,
Daß ſie den König Etzel · ſich laße wohlhagen.
Dem iſt ſo mancher Recke · mit Furchten unterthan,
Er mag ihr wohl vergüten, · was ſie je Leides gewann.“
Hin gieng der ſchnelle Degen, · wo er Kriemhilden ſah.
Sie empfieng ihn gütlich; · wie balde ſprach er da:
„Ihr mögt mich gern begrüßen · und geben Botenbrot,
Es will das Glück euch ſcheiden · nun von all eurer Noth.
„Es hat um eure Minne, · Frau, hiehergeſandt
Der Allerbeſten einer, · der je ein Königsland
Gewann mit vollen Ehren · und Krone durfte tragen:
Es werben edle Ritter: · das läßt euch euer Bruder ſagen.“
Da ſprach die Jammerreiche: · „Verbiete doch euch Gott
Und allen meinen Freunden, · daß ſie keinen Spott
Mit mir Armen treiben: · was ſollt ich einem Mann,
Der je Herzensliebe · von gutem Weibe gewann?“
Sie widerſprach es heftig. · Da traten zu ihr her
Gernot ihr Bruder · und der junge Geiſelher.
Sie baten ſie in Minne · zu tröſten ihren Mut.
Und nehme ſie den König, · es gerath ihr wahrlich gut.
Bereden mochte Niemand · doch die Königin
Noch einen Mann zu minnen · auf Erden fürderhin.
Da baten ſie die Degen: · „So laßt es doch geſchehn,
Wenn ihr denn nicht anders wollt, · daß euch der Bote möge ſehn.“
„Das will ich nicht verſagen,“ · ſprach die Fraue hehr.
Ich empfange gerne · den guten Rüdiger
Ob ſeiner höfſchen Sitte: · wär er nicht hergeſandt,
Jedem andern Boten, · dem blieb' ich immer unbekannt.“
Sie ſprach: „So ſchickt den Degen · morgen früh heran
Zu meiner Kemenate. · Ich beſcheid ihn dann:
Wes ich mich berathen, · will ich ihm ſelber ſagen.“
So war ihr jetzt erneuert · das große Weinen und Klagen.
Da wünſchte ſich auch anders nichts · der edle Rüdiger,
Als daß er ſchauen dürfte · die Königin hehr.
Er wuſte ſich ſo weiſe: · könnt es irgend ſein,
So müſt er ſie bereden, · dieſen Recken zu frein.
Früh des andern Morgens · nach dem Meſsgeſang
Kamen die edeln Boten; · da hub ſich großer Drang.
Die mit Rüdigeren · zu Hofe ſollten gehn,
Die ſah man wohlgekleidet, · manchen Degen auserſehn.
Kriemhilde die arme, · in traurigem Muth
Harrte ſie auf Rüdiger, · den edeln Boten gut.
Er fand ſie in dem Kleide, · das ſie für täglich trug:
Dabei hatt ihr Geſinde · reicher Kleider genug.
Sie gieng ihm entgegen · zu der Thüre hin
Und empfieng Etzels Recken · mit gütlichem Sinn.
Nur ſelbzwölfter trat er · herein zu der Fraun;
Man bot ihm große Ehre; · wer möcht auch beßre Boten ſchaun?
Man hieß den Herren ſitzen · und Die in ſeinem Lehn.
Die beiden Markgrafen · ſah man vor ihr ſtehn,
Eckewart und Gere, · die edeln Ritter gut.
Um der Hausfrau willen · ſahn ſie Niemand wohlgemuth.
Sie ſahen vor ihr ſitzen · manche ſchöne Maid.
Da hatte Frau Kriemhild · Jammer nur und Leid.
Ihr Kleid war vor den Brüſten · von heißen Thränen naß.
Das ſah der edle Markgraf, · der nicht länger vor ihr ſaß.
Er ſprach in großen Züchten: · „Viel edles Königskind,
Mir und den Gefährten, · die mit mir kommen ſind,
Sollt ihr, Frau, erlauben, · daß wir vor euch ſtehn
Und euch melden, weshalb · unſre Reiſe ſei geſchehn.“
„Ich will euch gern erlauben,“ · ſprach die Königin,
„Was ihr wollt, zu reden; · alſo ſteht mein Sinn,
daß ich es gerne höre: · ihr ſeid ein Bote gut.“
Da merkten wohl die Andern · ihren abgeneigten Muth.
Da ſprach von Bechelaren · der Markgraf Rüdiger:
„Euch läßt entbieten, Herrin, · Etzel der König hehr
Große Lieb und Treue · hierher in dieſes Land;
Er hat um eure Minne · viel gute Recken geſandt.
„Er entbeut euch freundlich · Liebe ſonder Leid;
Er ſei ſtäter Freundſchaft · nun euch hinfort bereit
Wie Helken einſt, der Königin, · die ihm am Herzen lag:
Ihr ſollt die Krone tragen, · deren ſie vor Zeiten pflag.“
Da ſprach zu ihm die Königin: · „Markgraf Rüdiger,
Wenn meines Herzeleides · Jemand kundig war,
Der würde mir nicht rathen · zu einem zweiten Mann:
Ich verlor der Beſten Einen, · die je ein Weib noch gewann.“
„Was tröſtet mehr im Leide“, · ſprach der kühne Mann,
„Als freundliche Liebe? · Wer die gewähren kann
Und hat ſich den erkoren, · der ihm zu Herzen kommt,
Der erfährt wohl, daß im Leide · nichts ſo ſehr als Liebe frommt.
„Und geruht ihr zu minnen · den edeln Herren mein,
Zwölf reicher Kronen · ſollt ihr gewaltig ſein.
Dazu von dreißig Fürſten · giebt euch mein Herr das Land,
Die alle hat bezwungen · ſeine vielgewaltge Hand.
„Ihr ſollt auch Herrin werden · über manchen werthen Mann,
Die meiner Frauen Helke · waren unterthan,
Und viel der ſchönen Maide, · einſt ihrem Dienſt geſellt,
Von hoher Fürſten Stamme,“ · ſprach der hochbeherzte Held.
„Dazu giebt euch der König, · gebot er euch zu ſagen,
Wenn ihr geruht die Krone · bei meinem Herrn zu tragen,
Gewalt die allerhöchſte, · die Helke je gewann:
Alle Mannen Etzels · werden euch da unterthan.“
„Wie möchte jemals wieder,“ · ſprach die Königin,
„Eines Helden Weib zu werden · gelüſten meinem Sinn?
Mir hat der Tod an Einem · ſo bittres Leid gethan,
Daß ichs bis an mein Ende · nimmermehr verſchmerzen kann.“
Die Heunen ſprachen wieder: · Viel reiche Königin,
Das Leben geht bei Etzeln · ſo herrlich euch dahin,
Daß ihr in Wonnen ſchwebet, · weigert ihr es nicht;
Mancher ziere Degen · ſteht in des reichen Königs Pflicht.
„Helkens Jungfrauen · und eure Mägdelein,
Sollten die beiſammen · je Ein Geſinde ſein,
Dabei möchten Recken · wohl werden wohlgemuth.
Laßt es euch rathen, Fraue, · es bekommt euch wahrlich gut.“
Sie ſprach mit edler Sitte: · „Nun laßt die Rede ſein
Bis morgen in der Frühe, · dann tretet zu mir ein,
Daß ich auf die Werbung · euch gebe den Beſcheid.“
Da muſten Folge leiſten · die kühnen Degen allbereit.
Als zu den Herbergen · ſie kamen allzumal,
Nach Geiſelhern zu ſenden · die edle Frau befahl
Und nach ihrer Mutter: · den Beiden ſagte ſie,
Ihr gezieme nur zu weinen · und alles Andere nie.
Da ſprach ihr Bruder Geiſelher: · „Mir ahnt, Schweſter mein,
Und gerne mag ichs glauben, · dein Leid und deine Pein
Wird König Etzel wenden; · und nimmſt du ihn zum Mann,
Was Jemand anders rathe, · ſo dünkt es mich wohlgethan.“
„Er mag dirs wohl erſetzen,“ · ſprach wieder Geiſelher.
„Vom Rotten bis zum Rheine, · von der Elbe bis ans Meer
Weiß man keinen König · gewaltiger als ihn.
Du magſt dich höchlich freuen, · heiſcht er dich zur Königin.“
Sie ſprach: „Lieber Bruder, · wie räthſt du mir dazu?
Weinen und Klagen · das käm mir eher zu.
Wie ſollt ich vor den Recken · da zu Hofe gehn?
Hatt ich jemals Schönheit, · um die iſts lange geſchehn.“
Da redete Frau Ute · der lieben Tochter zu:
„Was deine Brüder rathen, · liebes Kind, das thu.
Folge deinen Freunden, · ſo mag dirs wohlergehn.
Hab ich dich doch ſo lange · in großem Jammer geſehn.“
Da bat ſie, daß vom Himmel · ihr würde Rath geſandt:
Denn hätte ſie zu geben · Gold, Silber und Gewand
Wie einſt, da er noch lebte, · ihr Mann der Degen hehr,
Sie erlebe doch nicht wieder · ſo frohe Stunden nachher.
Sie dacht in ihrem Sinne: · „Und ſollt ich meinen Leib
Einem Heiden geben? · Ich bin ein Chriſtenweib;
Des müſt ich billig Schelte · von aller Welt empfahn;
Gäb er mir alle Reiche, · es bliebe doch ungethan.“
Da ließ ſie es bewenden. · Die Nacht bis an den Tag
Die Frau in ihrem Bette · voll Gedanken lag.
Ihre lichten Augen · trockneten ihr nicht,
Bis ſie hin zur Mette · wieder gieng beim Morgenlicht.
Nun waren auch die Könige · zur Meſſezeit gekommen.
Sie hatten ihre Schweſter · an die Hand genommen
Und riethen ihr zu minnen · den von Heunenland.
Niemand doch die Fraue · ein wenig fröhlicher fand.
Da ließ man zu ihr bringen, · die Etzel hingeſandt,
Die nun mit Urlaub wollten · räumen Gunthers Land,
Wie es gerathen möge, · mit Nein oder Ja!
Da kam zu Hofe Rüdiger: · die Gefährten mahnten ihn da,
Recht zu erforſchen · des edeln Fürſten Muth
Und zeitig das zu leiſten; · das dauchte Jeden gut;
Ihre Wege wären ferne · wieder in ihr Land.
Man brachte Rüdigeren · hin, wo er Kriemhilden fand.
Da bat alsbald der Recke · die edle Königin
Mit minniglichen Worten, · zu künden ihren Sinn,
Was ſie entbieten wolle · in König Etzels Land.
Der Held mit ſeinem Werben · bei ihr nur Weigerung fand.
„Sie wolle nimmer wieder · minnen einen Mann.“
Dawider ſprach der Markgraf: · „Das wär nicht recht gethan:
Was wolltet ihr verderben · ſo minniglichen Leib?
Ihr werdet noch mit Ehren · eines werthen Recken Weib.“
Nichts half es, was ſie baten, · bis daß Rüdiger
Insgeheim geſprochen · mit der Königin hehr,
Er hoff ihr zu vergüten · all ihr Ungemach.
Da ließ zuletzt ein wenig · ihre hohe Trauer nach.
Er ſprach zu der Königin: · „Laßt euer Weinen ſein;
Hättet ihr bei den Heunen · Niemand als mich allein,
Meine getreuen Freunde · und Die mir unterthan,
Er ſollt es ſchwer entgelten, · hätt euch Jemand Leid gethan.“
Davon ward erleichtert · der Frauen wohl der Muth.
Sie ſprach: „So ſchwört mir, Rüdiger, · was mir Jemand thut,
Ihr wollt der Erſte werden, · der rächen will mein Leid.“
Da ſprach zu ihr der Markgraf: · „Dazu bin ich, Frau, bereit.“
Mit allen ſeinen Mannen · ſchwur ihr da Rüdiger,
Ihr immer treu zu dienen, · und daß die Recken hehr
Ihr nichts verſagen wollten · in König Etzels Land,
Was ihre Ehre heiſche: · das gelobt' ihr Rüdigers Hand.
Da gedachte die Getreue: · „Wenn ich gewinnen kann
So viel ſtäter Freunde, · ſo ſeh ichs wenig an,
Was auch die Leute reden, · in meines Jammers Noth.
Vielleicht wird noch gerochen · meines lieben Mannes Tod.“
Sie gedachte: „Da Herr Etzel · der Recken hat ſo viel,
Denen ich gebiete, · ſo thu ich, was ich will.
Er hat auch ſolche Schätze, · daß ich verſchenken kann;
Mich hat der leide Hagen · meines Gutes ohne gethan.“
Sie ſprach zu Rüdigeren: · „Hätt ich nicht vernommen,
Daß er ein Heide wäre, · ſo wollt ich gerne kommen,
Wohin er geböte, · und nähm ihn zum Mann.“
Da ſprach der Markgraf wieder: · „Steht darauf, Herrin, nicht an.
„Er iſt nicht gar ein Heide, · des dürft ihr ſicher ſein:
Er iſt getauft geweſen, · der liebe Herre mein,
Wenn er auch zu den Heiden · wieder übertrat:
Wollt ihr ihn, Herrin, minnen, · ſo wird darüber noch Rath.
„Ihm dienen ſo viel Recken · in der Chriſtenheit,
Daß euch bei dem König · nie widerfährt ein Leid.
Ihr mögt auch leicht erlangen, · daß der König gut
Zu Gott wieder wendet · ſo die Seele wie den Muth.“
Da ſprachen ihre Brüder: · „Verheißt es, Schweſter mein,
Und all euern Kummer · laßt in Zukunft ſein.“
Des baten ſie ſo lange, · bis ſie mit Trauer drein
Vor den Helden willigte, · den König Etzel zu frein.
Sie ſprach: „Ich muß euch folgen, · ich arme Königin!
Ich fahre zu den Heunen, · wann es geſchehe, hin,
Wenn ich Freunde finde, · die mich führen in ſein Land.“
Darauf bot vor den Helden · die ſchöne Kriemhild die Hand.
Der Markgraf ſprach: „Zwei Recken · ſtehn in eurem Lehn,
Dazu hab ich noch manchen: · ſo kann es wohl geſchehn,
Daß wir euch mit Ehren · bringen überrhein,
Ich laß euch nun nicht länger · hier bei den Burgunden ſein.
„Fünfhundert Mannen hab ich · und der Freunde mein:
Die ſollen euch zu Dienſten · hier und bei Etzeln ſein,
Was ihr auch gebietet; · ich ſelber ſteh euch bei
Und will michs nimmer ſchämen, · mahnt ihr mich künftig meiner Treu.
„Eure Pferdedecken · haltet euch bereit;
Was Rüdiger gerathen hat, · wird euch nimmer leid.
Und ſagt es euern Mägdlein, · die ihr euch geſellt,
Uns begegnet unterwegs · mancher auserwählte Held.“
Sie hatten noch Geſchmeide, · das ſie zu Siegfrieds Zeit
Beim Reiten getragen, · daß ſie mit mancher Maid
Mit Ehren reiſen mochte, · ſo ſie wollt hindann.
Hei! was man guter Sättel · den ſchönen Frauen gewann!
Hatten ſie ſchon immer · getragen reich Gewand,
So wurde des zur Reiſe · die Fülle nun zur Hand,
Weil ihnen von dem König · ſo viel geprieſen ward;
Sie ſchloßen auf die Kiſten, · ſo lang verſperrt und geſpart.
Sie waren ſehr geſchäftig · wohl fünftehalben Tag
Und ſuchten aus dem Einſchlag, · ſo viel darinne lag.
Ihre Kammer zu erſchließen · hub da Kriemhild an,
Sie Alle reich zu machen, · Die Rüdigern unterthan.
Sie hatte noch des Goldes · von Nibelungenland:
Das ſollte bei den Heunen · vertheilen ihre Hand.
Sechshundert Mäule mochten · es nicht von dannen tragen.
Die Märe hörte Hagen · da von Kriemhilden ſagen.
Er ſprach: „Mir wird Kriemhild · doch nimmer wieder hold:
So muß auch hier verbleiben · Siegfriedens Gold.
Wie ließ' ich meinen Feinden · wohl ſo großes Gut?
Ich weiß gar wohl, was Kriemhild · noch mit dieſem Schatze thut.
„Brächte ſie ihn von hinnen, · ich glaube ſicherlich,
Sie würd ihn nur vertheilen, · zu werben wider mich.
Sie hat auch nicht die Roſſe, · um ihn hinwegzutragen:
Behalten will ihn Hagen, · das ſoll man Kriemhilden ſagen.“
Als ſie vernahm die Märe, · das ſchuf ihr grimme Pein.
Es ward auch den Königen · gemeldet allen drein:
Sie gedachten es zu wenden. · Als das nicht geſchah,
Rüdiger der edle · ſprach mit frohem Muthe da:
„Reiche Königstochter, · was klagt ihr um das Gold?
Euch iſt König Etzel · ſo zugethan und hold,
Erſehn euch ſeine Augen, · er giebt euch ſolchen Hort,
Daß ihr ihn nie verſchwendet; · das verbürgt euch, Frau, mein Wort.“
Da ſprach zu ihm die Königin: · „Viel edler Rüdiger,
Nie gewann der Schätze · eine Königstochter mehr
Als die, deren Hagen · mich ohne hat gethan.“
Da kam ihr Bruder Gernot · zu ihrer Kammer heran.
Mit des Königs Macht den Schlüßel · ſtieß er in die Thür.
Kriemhildens Schätze · reichte man herfür,
An dreißigtauſend Marken · oder wohl noch mehr,
Daß es die Gäſte nähmen: · des freute Gunther ſich ſehr.
Da ſprach von Bechelaren · der Gotelinde Mann:
„Und gehörten all die Schätze · noch Kriemhilden an,
Die man jemals brachte · von Nibelungenland,
Nicht berühren ſollt es · mein noch der Königin Hand.
„Heißt es aufbewahren, · da ichs nicht haben will.
Ich bracht aus unſerm Lande · des Meinen her ſo viel,
Wir mögens unterweges · entrathen wohl mit Fug:
Wir haben zu der Reiſe · genug und übergenug.“
Zwölf Schreine hatten · noch ihre Mägdelein
Des allerbeſten Goldes, · das irgend mochte ſein,
Bewahrt aus alten Zeiten: · das nun verladen ward
Und viel der Frauenzierde, · die ſie brauchten auf der Fahrt.
Die Macht des grimmen Hagen · bedauchte ſie zu ſtark.
Des Opfergoldes hatte · ſie wohl noch tauſend Mark:
Das gab ſie für die Seele · von ihrem lieben Mann.
Das dauchte Rüdigeren · mit großen Treuen gethan.
Da ſprach die arme Königin: · „Wo ſind die Freunde mein,
Die da mir zu Liebe · im Elend wollen ſein
Und mit mir reiten ſollen · in König Etzels Land?
Die nehmen meines Goldes · und kaufen Roſs' und Gewand.“
Alsbald gab ihr Antwort · der Markgraf Eckewart:
„Seit ich als Ingeſinde · euch zugewieſen ward,
Hab ich euch ſtäts getreulich · gedient,“ ſprach der Degen,
„Und will bis an mein Ende · des Gleichen immer bei euch pflegen.
„Ich führ auch mit der Meinen · fünfhundert Mann,
Die biet ich euch zu Dienſte · mit rechten Treuen an.
Wir bleiben ungeſchieden, · es thu es denn der Tod.“
Der Rede dankt' ihm Kriemhild, · da ers ſo wohl ihr erbot.
Da brachte man die Roſſe: · ſie wollten aus dem Land.
Wohl huben an zu weinen · die Freunde all zur Hand.
Ute die reiche · und manche ſchöne Maid
Bezeigten, wie ſie trugen · um Kriemhilden Herzeleid.
Hundert ſchöner Mägdelein · führte ſie aus dem Land;
Die wurden wohl gekleidet, · jede nach ihrem Stand.
Aus lichten Augen fielen, · die Thränen ihnen nieder;
Manche Freud erlebten · ſie auch bei König Etzel wieder.
Da kam der junge Geiſelher · und König Gernot,
Mit ihrem Heergeſinde, · wie es die Zucht gebot:
Die liebe Schweſter wollten ſie · begleiten durch das Land;
Sie hatten im Gefolge · wohl tauſend Degen auserkannt.
Da kam der ſchnelle Gere · und auch Ortewein;
Rumold der Küchenmeiſter · der ließ ſie nicht allein.
Sie ſchufen Nachtlager · der Frauen auf den Wegen:
Als Marſchall ſollte Volker · ihrer Herberge pflegen.
Bei Abſchiedsküſſen hatte · man Weinen viel vernommen,
Eh ſie zu Felde waren · von der Burg gekommen.
Ungebeten gaben Viele · Geleit ihr durch das Land.
Vor der Stadt ſchon hatte · ſich König Gunther gewandt.
Eh ſie vom Rheine führen, · hatten ſie vorgeſandt
Ihre ſchnellen Boten · in der Heunen Land,
Dem Könige zu melden, · daß ihm Rüdiger
Zum Gemahl geworben · die edle Königin hehr.
Die Boten fuhren ſchnelle: · Eil war ihnen Noth
Um die große Ehre · und das reiche Botenbrot.
Als ſie mit ihren Mären · waren heimgekommen,
Da hatte König Etzel · ſo Liebes ſelten vernommen.
Der frohen Kunde willen · ließ der König geben
Den Boten ſolche Gaben, · daß ſie wohl mochten leben
Immerdar in Freuden · hernach bis an den Tod:
Mit Wonne war verſchwunden · des Königs Kummer und Noth.