: Der Nibelunge liet 30. Âventiure // wie ſi der ſchiltwaht phlâgen. Der tac hete nu ende · und nâhet in diu naht. // die wegemüeden recken · ir ſorge an vaht, // wanne ſi ſolden ruowen · und an ir bette gân. // daß bereite Hagene: · eß wart in ſchiere kunt getân. // Gunther ſprach ze dem wirte: · „Got lâße iuch wol geleben; // wir wellen varn ſlâfen: · ir ſult uns urloup geben. // ſwenne ir daß gebietet, · ſô kome wir morgen vruo.“ // er ſchiet von ſînen geſten · harte vrœlîchen duo. // Dringen allenthalben · die geſte man dô ſach. // Volkêr der küene · zuo den Hiunen ſprach: // „wie geturret ir den recken · vür die vüeße gân? // und welt ir iuchs niht mâßen, · ſô wirt iu leide getân. // „Sô ſlah ich eteslîchem · ſô ſwæren gîgen ſlac, // hât er getriuwen iemen, · daß erß beweinen mac. // wan wîchet ir uns recken? · jâ dunket eß mich guot. // eß heißent alleß degene · und ſint gelîche niht gemuot.“ // Dô der videlære · ſô zorneclîchen ſprach, // Hagene der küene · über ahſel ſach. // er ſprach: „iu râtet rehte · der küene ſpilman. // ir Kriemhilde helde · ſult ze herberge gân. // „Des ir dâ habt gedingen, · ich wæne, eß ieman tuo. // welt ir iht beginnen, · ſô kumet uns morgen vruo // und lât uns wegemüeden · hînte haben gemach: // jâ wæn eß von helden · mit ſolhem willen ie geſchach.“ // Dô brâhte man die geſte · in einen wîten ſal, // den vunden ſi berihtet · den recken über al // mit vil rîchen betten · lanc unde breit. // in riet diu küneginne · diu aller grœßiſten leit. // Manegen kolter ſpæhe · von Arraß man dâ ſach // von vil liehten phellen · und manec bette dach // von Arâbiſchen ſîden, · ſô ſi beſte kunden ſîn; // dar ûfe lâgen lîſten, · die gaben hêrlîchen ſchîn. // Declachen hermîn · vil manegiu man dâ ſach // und von ſwarzem zobele, · dar under ſi ir gemach // des nahtes ſchaffen ſolden · unz an den liehten tac. // ein künec mit ſîme geſinde · nie ſô hêrlîch gelac. // „Ouwê der nahtſelde,“ · ſprach Gîſelher daß kint, // „und ouwê mîner vriunde, · die mit uns komen ſint. // ſwie eß uns mîn ſweſter · ſô güetlîch erbôt, // ich vürhte, wir müeßen alle · von ir ſchulden ligen tôt.“ // „Nu lât iuwer ſorgen,“ · ſprach Hagene der degen. // „ich wil der ſchiltwache · noch hînte ſelbe phlegen. // ich trouwe iuch wol behüeten, · unz uns kumet der tac. // des ſît gar ân angeſt: · ſô geneſe, ſwer der mac.“ // Dô nigen ſi im alle · und ſeiten im des danc. // ſi giengen zuo den betten. · diu wîle was niht lanc, // daß ſich geleit hêten · die wætlîchen man. // Hagene der küene · der helt ſich wâfen began. // Dô ſprach der videlære, · Volkêr der degen: // „verſmâhetß iu niht, Hagene, · ſô wold ich mit iu phlegen // hînt der ſchiltwache · unz morgen vruo.“ // der helt vil minneclîchen · dancte Volkêre duo. // „Nu lône iu Got von himele, · vil lieber Volkêr. // zallen mînen ſorgen · ſone gerte ich niemen mêr // niuwan iuch aleine, · ſwâ ich hete nôt. // ich ſol eß wol verdienen, · mich enwendes der tôt.“ // Dô garten ſi ſich bêde · in liehteß ir gewant. // dô nam ir ietwedere · den ſchilt an ſîne hant // und giengen ûß dem hûſe · vür die tür ſtân. // dô phlâgen ſi der geſte: · daß was mit triuwen getân. // Volkêr der ſnelle · zuo des ſales want // ſînen ſchilt den guoten · leint er von der hant. // dô gie er hin widere, · ſîn gîgen er genam: // dô diende er ſînen vriunden, · als eß dem helde gezam. // Under die tür des hûſes · ſaß er ûf den ſtein. // küener videlære · wart noch nie dehein. // dô im der ſeiten dœnen · ſô ſüeßlîch erklanc, // die ſtolzen ellenden · die ſeitens Volkêre danc. // Dô klungen ſîne ſeiten, · daß al daß hûs erdôß: // ſîn ellen zuo der vuoge · diu wâren beidiu grôß. // ſüeßer unde ſenfter · gîgen er began: // do enſwebete er an den betten · vil manegen ſorgenden man. // Dô ſi entslâfen wâren · und er daß ervant, // dô nam der degen widere · den ſchilt an die hant // und gie ûß dem gademe · vür die türe ſtân // und huote ſîner vriunde · vor den Kriemhilde man. // Des nahtes wol enmitten, · ine weiß, eß ê geſchach, // Volkêr der vil küene · ſchînen helmen ſach // verre ûß einer vinſter: · die Kriemhilde man // wolden an den geſten · ſchaden gerne hân getân. // Ê Kriemhilt diſe recken · hete dan geſant, // ſi ſprach: „ob irs ſô vindet, · durch Got ſô ſît gemant, // daß ir dâ ſlahet niemen · wan den einen man, // den ungetriuwen Hagenen; · die andern ſult ir leben lân.“ // Dô ſprach der videlære: · „vriunt, her Hagene, // uns zimt diſiu ſorge · enſamt ze tragene. // ich ſihe gewâfent liute · vor dem hûſe ſtên: // als ich mich verſinne, · ich wæne, ſi wellent uns beſtên.“ // „Nu ſwîget,“ ſprach dô Hagene, · „lât ſi her nâher baß. // ê ſi unſer werden innen, · ſô wirt hie helmevaß // verrucket mit den ſwerten · von unſer zweier hant: // ſi werdent Kriemhilde · hin wider übele geſant.“ // Ein der Hiunen recken · vil ſchiere daß geſach, // diu tür was behüetet: · wie balde er dô ſprach: // „des wir dâ heten willen, · jane mag es niht ergân: // ich ſihe den videlære · an der ſchiltwache ſtân. // „Der treit ûf ſîme houbte · einen helmen glanz, // lûter unde herte, · ſtarc unde ganz. // ouch lohent im die ringe, · ſam daß viuwer tuot. // bî im ſtêt ouch Hagene: · des ſint die geſte wol behuot.“ // Zehant ſi kêrten widere. · dô Volkêr daß erſach, // wider ſînen geſellen · er zorneclîchen ſprach: // „nu lât mich zuo den recken · von dem hûſe gân: // ich wil vrâgen mære · der vrouwen Kriemhilde man.“ // „Nein, durch mîne liebe,“ · ſprach dô Hagene, // „komt ir von dem hûſe, · die ſnellen degene // bringent iuch mit ſwerten · lîhte in ſolhe nôt, // daß ich iu müeſe helfen, · wærß aller mîner mâge tôt. // „Sô wir danne beide · kœmen in den ſtrît, // ir zwêne oder viere · in einer kurzen zît // ſprungen zuo dem hûſe · und tæten uns diu leit // an den ſlâfenden, · diu nimmer wurden verkleit.“ // Dô ſprach aber Volkêr: · „ſô lât daß geſchehen, // daß wir ſi bringen innen, · daß wir ſi hân geſehen; // daß des iht mugen lougenen · Kriemhilde man, // daß ſi ungetriulîche · vil gerne hêten getân.“ // Zehant dô rief in Volkêr · hin entgegene: // „wes gêt ir ſus gewâfenet, · ſnelle degene? // welt ir ſchâchen rîten, · Kriemhilde man? // dar ſult ir mich ze helfe · und mînen hergeſellen hân.“ // Des antwurte im niemen. · zornec was ſîn muot: // „phî, ir zagen bœſe,“ · ſprach der helt guot, // „wolt ir ſlâfende · uns ermordert hân? // daß iſt ſô guoten helden · noch vil ſelten her getân.“ // Dô wart der küneginne · vil rehte daß geſeit, // daß ir boten niht enwurben: · von ſchulden was ir leit. // dô vuogte ſi eß anders: · vil grimme was ir muot. // des muoſen ſît verderben · helde küene unde guot. // 31. Âventiure // wie die hêrren ze kirchen giengen.