: Der Nibelunge liet 14. Âventiure // wie die küneginne ein ander ſchulten. Vor einer veſperzîte · huop ſich grôß ungemach, // daß von manegem recken · ûf dem hove geſchach: // ſi phlâgen rîterſchefte · durch kurzwîle wân. // dô liefen dar durch ſchouwen · manec wîp unde man. // Ze ſamne dô geſâßen · die küneginne rîch: // ſi gedâhten zweier recken, · die wâren lobelîch. // dô ſprach diu ſchœne Kriemhilt: · „ich hân einen man, // daß elliu diſiu rîche · zuo ſînen handen ſolden ſtân.“ // Dô ſprach diu vrouwe Prünhilt: · „wie kunde daß geſîn? // ob ander nieman lebete · wan dîn unde ſîn, // ſô möhten im diu rîche · wol weſen undertân: // die wîle daß lebet Gunther, · ſô kundeß nimmer ergân.“ // Dô ſprach aber Kriemhilt: · „ſiheſtu, wie er ſtât, // wie rehte hêrlîche · er vor den recken gât, // ſam der liehte mâne · vor den ſternen tuot! // des muoß ich von ſchulden · tragen vrœlîchen muot.“ // Dô ſprach diu vrouwe Prünhilt: · „ſwie wætlîch ſî dîn man, // ſwie biderbe und ſwie ſchœne, · ſô ſoltu vor im lân // Gunther den recken, · den edelen bruoder dîn: // der muoß vor allen künegen, · daß wißße, wærlîche ſîn.“ // Dô ſprach aber Kriemhilt: · „ſô tiuwer iſt mîn man, // daß ich in âne ſchulde · niht gelobet hân. // an vil manegen dingen · iſt ſîn êre grôß. // geloubeſtu daß, Prünhilt, · er iſt wol Gunthers genôß.“ // „Jane ſoltu mirß, Kriemhilt, · ze arge niht verſtân, // wan ich ouch âne ſchulde niht · die rede hân getân: // ich hôrtes jehen beide, · dô ichs êrſte ſach, // und dâ des küneges wille · an mîme lîbe geſchach, // „Und dâ er mîne minne · ſô rîterlîch gewan, // dô jach Sîvrit, · er wære ſküneges man: // des hân ich in vür eigen, · ſît ich ins hôrte jehen.“ // dô ſprach diu ſchœne Kriemhilt: · „ſô wær mir übele geſchehen. // „Wie heten ſô geworben · die edelen bruoder mîn, // daß ich eigenmannes · wine ſolde ſîn? // des wil ich dich, Prünhilt, · vil vriuntlîchen biten, // daß du die rede lâßeſt · durch mich mit güetlîchen ſiten.“ // „Ich mag ir niht gelâßen,“ · ſprach des küneges wîp: // „zwiu ſold ich verkieſen · ſô maneges rîters lîp, // der uns mit dem degene · dienſtlîch iſt undertân?“ // Kriemhilt diu vil ſchœne · daß ſêre zürnen began. // „Du muoſt in verkieſen, · daß er dir immer bî // wone deheiner dienſte. · erſt tiurer, danne ſî // Gunther mîn bruoder, · der vil edel man. // du ſolt mich des erlâßen, · daß ich von dir vernomen hân. // „Und nimt mich immer wunder, · ſît er dîn eigen iſt // und du über uns beidiu · ſô gewaltec biſt, // daß er dir ſô lange · den zins verſeßßen hât. // dîner übermüete · ſolde ich von rehte haben rât.“ // „Du ziuheſt dich ze hôhe,“ · ſprach dô des küneges wîp. // „nu wil ich ſehen gerne, · ob man dînen lîp // habe ze ſolhen êren, · ſô man den mînen tuot.“ // die vrouwen wurden beide · vil ſêre zornec gemuot. // Dô ſprach diu vrouwe Kriemhilt: · „daß muoß et nu geſchehen: // ſît du mînes mannes · vür eigen hâſt gejehen, // ſô müeßen hiute kieſen · der beider künege man, // ob ich vor küneges wîbe · ze kirche türre gegân. // „Du muoſt daß hiute ſchouwen, · daß ich bin edelvrî, // und daß mîn man iſt tiuwerer, · danne der dîn ſî. // dâ mite wil ich ſelbe · niht beſcholden ſîn. // du ſolt noch hiute kieſen, · wie diu eigen diu dîn // „Ze hove gê vor recken · in Burgunden lant. // ich wil weſen tiuwerer, · danne ieman habe bekant // deheine küneginne, · diu krôn her ie getruoc.“ // dô huop ſich undern vrouwen · grôßes nîdes genuoc. // Dô ſprach aber Prünhilt: · „wiltu niht eigen ſîn, // ſô muoſtu dich ſcheiden · mit den vrouwen dîn // von mînem ingeſinde, · dâ wir ze münſter gân.“ // des antwurte Kriemhilt: · „triuwen, daß ſol ſîn getân.“ // „Nu kleidet iuch, mîn meide,“ · ſprach Sîvrides wîp. // „eß muoß âne ſchande · belîben hie mîn lîp. // ir ſult daß lâßen ſchouwen, · habt ir iht rîche wât. // ſi mac ſîn gerne lougen, · des ſi hie verjehen hât.“ // Man mohte in lîhte râten, · ſi ſuochten rîchiu kleit. // dâ wart vil wol gezieret · manec vrouwe unde meit. // dô gie mit ir geſinde · des edelen wirtes wîp; // ze wunſche wart gekleidet · der ſchœnen Kriemhilde lîp // Mit drin und vierzec meiden: · die brâhtes an den Rîn; // die truogen liehte phelle, · geworht in Arâbîn. // ſus kômen zuo dem münſter · die meide wol getân. // ir warten vor dem hûſe · alle Sîvrides man. // Die liute nam des wunder, · wâ von daß geſchach, // daß man die küneginne · alſô geſcheiden ſach, // daß ſi bî ein ander · niht giengen alſam ê. // dâ von wart manegem degene · ſît vil ſorclîchen wê. // Nu ſtuont vor dem münſter · Guntheres wîp. // dô hete kurzwîle · vil maneges rîters lîp // mit den ſchœnen vrouwen, · der ſi dâ nâmen war. // dô kom diu edel Kriemhilt · mit maneger hêrlîchen ſchar. // Swaß kleider ie getruogen · edeler rîter kint, // wider ir geſinde · daß was gar ein wint. // ſi was ſô rîch des guotes, · daß drîßec küneges wîp // eß möhten niht erziugen, · daß eine erziuget ir lîp. // Ob ieman wünſchen ſolde, · der kunde niht geſagen, // daß man ſô rîcher kleider · geſæhe ie mê getragen, // ſô dâ ze ſtunde truogen · ir meide wol getân. // wan Prünhilde ze leide, · eß hete Kriemhilt verlân. // Ze ſamene ſi dô kômen · vor dem münſter wît. // eß tet diu hûsvrouwe · durch einen grôßen nît, // ſi hieß vil übellîche · Kriemhilde ſtân: // „jâ ſol vor küneges wîbe · nimmer eigen diu gegân.“ // Dô ſprach diu ſchœne Kriemhilt, · zornec was ir muot: // „kundeſtu noch ſwîgen, · daß wær dir lîhte guot. // duo hâſt geſchendet · dînen ſchœnen lîp. // wie mohte mannes kebſe · immer werden küneges wîp?“ // „Wen hâſtu hie verkebeſet?“ · ſprach des küneges wîp. // „daß tuon ich dich,“ ſprach Kriemhilt: · „dînen ſchœnen lîp // minnete êrſte Sîvrit, · mîn vil lieber man. // jâ was eß niht mîn bruoder, · der dînen meituom gewan. // „War kômen dîne ſinne? · eß was ein arger liſt, // daß du in ließe minnen, · ſît er dîn eigen iſt. // ich hœre dich,“ ſprach Kriemhilt, · „âne ſchulde klagen.“ // „triuwen,“ ſprach dô Prünhilt, · „daß wil ich Gunthere ſagen.“ // „Waß mac mir daß gewerren? · dîn übermuot dich hât betrogen: // du hâſt mich ze dienſte · mit rede dich an gezogen. // daß wißße an rehten triuwen, · eß iſt mir immer leit: // getriuwer heinlîche · ſol ich dir weſen unbereit.“ // Prünhilt dô weinde: · Kriemhilt niht lenger lie, // vor des küneges wîbe · inß münſter ſi dô gie // mit ir ingeſinde. · dâ huop ſich grôßer haß: // des wurden liehtiu ougen · ſtarke trüebe unde naß. // Swie vil man Gote diende · oder ieman dâ ſanc, // des dûhte Prünhilde · diu wîle gar ze lanc, // wand ir was vil trüebe · der lîp und ouch der muot. // des muoſte ſît enkelten · manec helt küene unde guot. // Prünhilt mit ir vrouwen · gie vür daß münſter ſtân. // ſi dâhte: „mich muoß Kriemhilt · mêre hœren lân, // des mich ſô lûte zîhet · daß wortræße wîp. // hât er ſichs gerüemet, · eß gêt im wærlîch an den lîp.“ // Nu kom diu edel Kriemhilt · mit manegem küenen man. // dô ſprach diu vrouwe Prünhilt: · „ir ſult noch ſtille ſtân. // ir jâhet mîn ze kebeſen: · daß ſult ir lâßen ſehen: // mir iſt von iuwern ſprüchen, · daß wißßet, leide geſchehen.“ // Dô ſprach diu ſchœne Kriemhilt: · „ir möht mich lâßen gân. // ich erziugeß mit dem golde, · deich an der hende hân: // daß brâhte mir Sîvrit, · dô er bî iu lac.“ // nie gelebte Prünhilt · deheinen leideren tac. // Si ſprach: diz golt vil edele · daß wart mir verſtoln // und iſt mich harte lange · übele verholn: // ich kum es an ein ende, · wer mirß hât genomen.“ // die vrouwen wâren beide · in grôß ungemüete komen. // Dô ſprach aber Kriemhilt: · „ine wils niht weſen diep. // du möhteſt gedaget hân, · wær dir êre liep. // ich erziugeß mit dem gürtel, · den ich umbe hân, // daß ich niht enliuge: · jâ wart Sîvrit dîn man.“ // Von Ninnivê der ſîden · ſi den borten truoc // mit edelem geſteine; · jâ was er guot genuoc. // dô den geſach Prünhilt, · weinen ſi began: // daß muoſte vreiſchen Gunther, · dar zuo alle ſîne man. // Dô ſprach diu küneginne: · „heißet here gân // den vürſten von Rîne: · ich wil in hœren lân, // wie mich hât gehœnet · ſîner ſweſter lîp. // ſi ſeit hie offenlîche, · ich ſî Sîvrides wîp.“ // Der künic kom mit recken: · weinen er dô ſach // ſîne triutinne: · güetlîch er dô ſprach: // „ſaget mir, liebiu vrouwe, · wer hât iu iht getân?“ // ſi ſprach zuo dem künege: · „ich muoß unvrœlîchen ſtân. // „Von allen mînen êren · mich diu ſweſter dîn // gerne wolde ſcheiden: · dir ſol geklaget ſîn, // ſi giht, mich habe gekebeſet · Sîvrit ir man.“ // dô ſprach der künic Gunther: · „ſô hetes übele getân.“ // „Si treit hie mînen gürtel, · den ich hân verlorn, // und mîn golt daß rôte. · daß ich ie wart geborn, // daß riuwet mich vil ſêre. · dun entredeſt, künic, mich // der vil grôßen ſchanden, · ich minne nie mêre dich.“ // Dô ſprach künic Gunther: · „er ſol her vüre gân: // hât er ſichs gerüemet, · daß ſol er hœren lân, // oder ſîn muoß lougenen · der helt ûß Niderlant.“ // dô wart der küene Sîvrit · harte balde dar beſant. // Dô der hêrre Sîvrit · die ungemuoten ſach, // ern weſte niht der mære, · balde er dô ſprach: // „waß weinent diſe vrouwen? · daß hete ich gerne erkant, // oder von welhen ſchulden · ich dâ her ſî beſant.“ // Dô ſprach künic Gunther: · mir iſt harte leit. // mir hât mîn vrouwe Prünhilt · ein mære hie geſeit: // du hâſt dich gerüemet, · du wærſt ir êrſter man. // ſô ſeit dîn wîp Kriemhilt: · hâſtu, degen, daß getân? // „Nein ich,“ ſprach dô Sîvrit. · „und hât ſi daß geſeit, // end ich erwinde, · daß muoß ir werden leit, // und wil dirß gerihten · vor allen dînen man // mit mînen hôhen eiden, · daß ich irß niht geſaget hân.“ // Dô ſprach der künec von Rîne: · „daß ſoltu lâßen ſehen: // den eit, den du biuteſt, · mac der hie geſchehen, // aller valſchen dinge · wil ich dich ledec lân.“ // man ſach zuo dem ringe · dô die von Burgunden ſtân. // Sîvrit der vil küene · zem eide bôt die hant. // dô ſprach der künic rîche: · „mir iſt ſô wol bekant // iuwer grôß unſchulde: · ich wil iuch ledec lân, // des iuch mîn ſweſter zîhet, · daß ir des niht habet getân.“ // Dô ſprach aber Sîvrit: · „und genießet des ir lîp, // daß ſi hât ertrüebet · dîn vil ſchœne wîp, // daß iſt mir ſicherlîchen · âne mâße leit.“ // dô ſâhen zuo ein ander · die küenen rîter gemeit. // „Man ſol ſô vrouwen ziehen,“ · ſprach Sîvrit der degen, // „daß ſi üppege ſprüche · lâßen under wegen. // verbiut eß dînem wîbe, · der mînen tuon ich ſam. // ſolher übermüete · ich mich wærlîchen ſcham.“ // Mit rede wart geſcheiden · manec ſchœne wîp. // dô trûrte alſô ſêre · Prünhilde ir lîp, // daß eß erbarmen muoſe · die Guntheres man. // dô kom von Troneje Hagene · zuo ſîner vrouwen gegân. // Er vrâgte, waß ir wære: · weinende er ſi vant. // dô ſeite ſi im diu mære. · er lobte ir ſâ zehant, // daß eß erarnen müeſe · Kriemhilde man, // oder er wolde nimmer · dar umbe vrœlîch geſtân. // Zuo der rede kômen · Ortwîn und Gêrnôt, // dâ die helde rieten · den Sîvrides tôt. // dar zuo kom ouch Gîſelher, · der ſchœnen Uoten kint; // dô er ir rede gehôrte, · er ſprach getriulîchen ſint: // „Ouwê, ir guoten knehte, · war umbe tuot ir daß? // jane gediende Sîvrit · nie alſolhen haß, // daß er dar umbe ſolde · verlieſen ſînen lîp: // jâ iſt des harte lîhte, · dar umbe zürnent diu wîp.“ // „Suln wir gouche ziehen?“ · ſprach aber Hagene: // „des habent lützel êre · ſô guote degene. // daß er ſich hât gerüemet · der lieben vrouwen mîn, // dar umbe wil ich ſterben, · eß engê im an daß leben ſîn.“ // Dô ſprach der künic ſelbe: · „ern hât uns niht getân // niuwan guot und êre: · man ſol in leben lân. // waß touc, ob ich dem recken · wære nu gehaß? // er was ie getriuwe · und tet vil willeclîchen daß.“ // Dô ſprach ûßer Metzen · der degen Ortwîn: // „jane kan in niht gehelfen · diu grôße ſterke ſîn. // erloubet mirß mîn hêrre, · ich tuon im alleß leit.“ // dô heten im die helde · âne ſchulde widerſeit. // Sîn gevolgte niemen, · niuwan daß Hagene // riet in allen zîten · Gunther dem degene, // ob Sîvrit niht enlebte, · ſô wurde im undertân // vil der künege lande. · der helt des trûren began. // Dô ließen ſiß belîben: · ſpiln man dô ſach. // hei, waß man ſtarker ſchefte · vor dem münſter brach // vor Sîvrides wîbe · al zuo dem ſale dan! // dô wâren in unmuote · genuoge Guntheres man. // Der künic ſprach: „lât belîben · den mortlîchen zorn. // er iſt uns ze ſælden · unt ze êren geborn; // ouch iſt ſô ſtark grimme · der wundernküene man, // wurde er ſîn innen, · ſô torſt in nieman beſtân.“ // „Nein er,“ ſprach dô Hagene. · „lât iu eß wol behagen: // ich trouwe eß heinlîche · alſô an getragen, // daß Prünhilde weinen · ſol im werden leit. // jâ ſol im von Hagenen · immer weſen widerſeit.“ // Dô ſprach der künic Gunther: · „wie möhte daß ergân?“ // des antwurte Hagene: · „ich wil iuchß hœren lân: // heißen boten rîten · zuo uns in daß lant // widerſagen offenlîche, · die hie niemen ſîn bekant. // Sô jehet ir vor den geſten, · daß ir und iuwer man // wellent herverten. · alſô daß iſt getân, // ſô lobet er iu dar dienen: · des vliuſet er den lîp, // ervare ich uns diu mære · an des küenen recken wîp.“ // Der künic übel volgte · Hagnen ſînem man. // die ſtarken untriuwe · begunden tragen an, // ê ieman daß ervunde, · die rîter ûß erkorn. // von zweier vrouwen bâgen · wart vil manec helt verlorn. // 15. Âventiure // wie Sîvrit verrâten wart.